Flexibilisierung des Einschulalters: Es ist gut, sich mit Anspruch und Wirklichkeit auseinandersetzen

Landtagsrede zum Thema Flexibilisierung des Einschulalters

Dazu sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Anke Erdmann:

Uns liegen Anträge zur Flexibilisierung des Einschulalters von FDP und CDU vor. Damit machen Sie sich den Aufruf von Kindern- und JugendpsychiaterInnen sowie KinderärztInnen zu Eigen. Schön, dass die Ministerin dies in den Bildungsdialog aufnimmt. Wir sind für eine Ausschussüberweisung, das vorweg.

Ich möchte persönlich beginnen – als Erstklässler-Mutter habe ich viel Kontakt mit Familien und Kindern, die gerade eingeschult wurden oder bald werden: Eine Freundin meines Sohnes, nenne wir sie „Mia“ ist ein aufgewecktes Kind. Es gab ein Vorabgespräch bei der Grundschulleiterin: Nach fünfzehn Minuten gab es vier Therapie- und Diagnoseaufträge, so auch die Abklärung, ob sie Links- oder Rechtshänderin sei – das müsse vorher festgestellt werden. „Wir hatten den Eindruck, die Schule findet: Das Kind muss erst mal passend gemacht werden“, fand die Mutter. In der Nachbarschule gab es auch so ein Gespräch. Die Mutter sagte, es sei noch nicht klar, ob Mia Links – oder Rechtshänderin sei. Die Reaktion der zweiten Schulleiterin: „Darum machen Sie sich keine Sorge, dafür kommt Mia doch in die Schule, das klärt sich hier.“

Die ärztliche Schuleingangsuntersuchung hat übrigens keinen der Therapiebedarfe der ersten Rektorin bestätigt.

Die große Koalition hat mit der Flexiblen Eingangsphase zu verankern versucht, dass ein früher und diagnostischer Blick auf die Kinder geworfen wird, aber dass der Leitsatz ist: Kinder sind nicht gleich, alle sind in der Schule willkommen. Die Praxis zeigt die große Bandbreite in den Schulen. Eine Gefahr der Flexibilisierung kann sein, dass gerade die Kinder von ihren Eltern zurückgestellt werden, die in den Genuss von Schule zu kommen sollten!

Aber es gibt eben auch Enno, so nenne ich ihn mal. Er ist zu früh auf die Welt gekommen und war noch dabei das aufzuholen, als er in die Schule sollte. Ärztin, Eltern, Heilpädagogin aus der Kita – alle waren sich einig: Für Enno sei ein weiteres Jahr in der Kita sinnvoll - einer Kita übrigens, mit besonderer individueller Förderung. Es war ein echter Kampf, bis Enno das dieses Jahr gewährt wurde – die Eltern hat das viel Sorge und viel schlaflose Nächte gekostet. Enno ist mit sieben Jahren zur Schule gekommen, er hatte keinen besonders einfachen Schulstart, aber er war der Situation „gewachsen“.

Eine Schule, die Kinder wie Mia und andere erst mal nimmt wie sie sind. Eine Einschulungspraxis, die Enno Zeit lässt, ohne dass die Eltern schlaflose Nächte haben. Regelungen, die auch Grundschullehrkräften nicht den Schlaf rauben – darum geht es.

Es ist gut, sich mit Anspruch und Wirklichkeit der individuellen Förderung und Inklusion in der Eingangsphase auseinanderzusetzen. Gerade in Zeiten, in denen Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in die Schule kommen.

Aber liebe Frau Klahn, Sie sind hier echt schmalfüßig unterwegs: Wenn Sie der Meinung sind, dass Paragraph 15 und 22 Schulgesetz, geändert werden sollen, dann legen Sie doch einen Vorschlag vor. Wenn Sie die Bildungskonferenz abwarten wollen, dann machen Sie es in der März-Sitzung. Aber sie lassen es lieber und drücken sich bei der Konnexitätsfrage „in die Sasse“, wie ein Ex-Ministerpräsident sagen würde.

Auch um die Konzeptionsfrage mogeln Sie sich herum.

Der ehemalige FDP-Bildungsminister hatte 2009 Pläne für Modellprojekte zur vorschulischen Förderung. Diese Pläne sind aus der Ankündigungs- nicht mal in die Konzeptionsphase gegangen. So einfach ist es nicht – sonst hätten Sie das ja auch schon geregelt. Was  damals allerdings auf den Weg gebracht wurde, war ein überarbeiteter Erlass – darum stellt sich auch die Frage: Gibt es nicht auch eine untergesetzliche Regelung.

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