Landtagsrede zum Thema Betreuungsgeld
Dazu sagt Marret Bohn:
Wir haben heute Morgen den Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung gehört. 76.000 Kinder sind in Schleswig-Holstein von Armut betroffen. Jedes fünfte Kind ist betroffen, in den Städten Kiel, Lübeck, Neumünster und Flensburg ist es jedes dritte Kind. Das wussten die meisten von uns schon vorher. Durch den Bericht ist es uns noch einmal vor Augen geführt worden.
Die Kinderarmut ist in anderen Ländern deutlich geringer. Warum ist das so? Diese Frage müssen wir uns stellen und uns fragen, was wir in der Familienpolitik besser machen können. Die Kinderarmut ist in den Ländern deutlich geringer, in denen die Erwerbstätigkeit der Eltern durch gute Betreuungsmöglichkeiten besser ist als bei uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, und in so einer Situation wollen Sie das Betreuungsgeld unterstützen? Das kann nicht Ihr Ernst sein. 150 Euro dafür, zu Hause am Herd zu bleiben, 150 Euro dafür, nicht arbeiten gehen zu können, was meinen Sie, wie hoch da in 20 oder 30 Jahren die Rentenansprüche der Eltern sein werden? So wird Familienpolitik zur Armutsfalle!
Die CDU-Frauen proben den Aufstand, der Verband der Evangelischen Kindertagesstätten schlägt Alarm, der Landesfrauenrat spricht sich einstimmig gegen das Betreuungsgeld aus. Und da wollen Sie wirklich sagen: Weiter so – Augen zu und durch?
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, öffnen Sie die Augen, sehen Sie sich kurz vor Weihnachten unseren Antrag an, und lassen Sie uns versuchen, zu retten, was zu retten ist. Sie wissen, wir Grüne lehnen das Betreuungsgeld ab. Es ist falsch im Sinne der frühkindlichen Bildung, es ist falsch im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und es ist falsch im Sinne einer nachhaltigen Armutsbekämpfung.
Und bei aller Streiterei, die hier so üblich ist, wollen wir doch alle, dass in Schleswig-Holstein weniger Kinder in Armut leben, dass weniger Eltern in Altersarmut landen und dass weniger Fachkräfte in der Wirtschaft fehlen. Dann müssen wir auch danach handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber so wie es derzeit aussieht, werden Sie nicht versuchen, das Betreuungsgeld zu verhindern. Das müssen wir Grüne zur Kenntnis nehmen. Genaue Zahlen zur Höhe des Betreuungsgeldes liegen nicht vor. Wir sprechen hier von mindestens 35 Millionen Euro. 35 Millionen Euro, die wir Grüne in Qualität der frühkindlichen Bildung investieren wollen, 35 Millionen Euro für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 35 Millionen Euro für eine nachhaltige Armutsbekämpfung.
Daher appelliere ich an die Landesregierung: Unterstützen Sie unseren Vorschlag. Wenn die CSU ihren Willen bekommt in Bayern, dann muss es möglich sein, dass andere Bundesländer einen eigenen Weg gehen. Wir wollen, dass die Bundesregierung das Betreuungsgeld an die Länder zahlt. Die fördern dann gezielt gemeinsam mit den Kommunen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die frühkindliche Bildung. Dann kann die CSU in Bayern das tun, was sie für richtig hält.
Und wir in Schleswig-Holstein und in anderen Bundesländern können das tun, was wir für richtig halten: Gezielt die frühkindliche Bildung und die Familien fördern, gezielt die Kommunen unterstützen und gezielt gegen Armut vorgehen. Unser Vorschlag liegt auf den Tisch. Wir würden uns freuen, wenn Sie über ihren Schatten springen. Für die Familien in Schleswig-Holstein wäre das eine gute Nachricht. Wir beantragen daher weitere Beratung im Sozialausschuss.