Freizügigkeit wiederherstellen, geltendes Recht durchsetzen

Rede zu Protokoll gegeben

TOP 26 – Überarbeitung der Schengen-Regelungen: EU-Binnengrenzkontrollen weitestgehend einschränken

Dazu sagt die europapolitische Sprecherin der  Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Eka von Kalben:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleg*innen,

grenzenlos frei – wenn nicht dafür, wofür dann steht Europa? Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich aus dem Vertrag über die Europäische Union. Dort heißt es in Artikel 3 Absatz 2: „Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen (…)“.

Was heißt das konkret? Das heißt, dass ich von der Südspitze Italiens, bis Nordschweden fahren kann, ohne an einem Schlagbaum zu halten, ohne Schlange zu stehen und ohne meinen Ausweis vorzeigen zu müssen. Genau so, als wenn ich von Schleswig-Holstein nach Bayern reise. Das gilt für Tourist*innen, aber auch für Arbeitnehmer*innen und für Unternehmer*innen und ist eine unverzichtbare Voraussetzung für einen funktionierenden Binnenmarkt.

Doch seit einigen Jahren ist mit diesem Versprechen an vielen Orten Schluss. Eine Handvoll EU-Staaten setzt mit sogenannten „temporären Grenzkontrollen“ das Schengen-Abkommen außer Kraft. Das führt dazu, dass ich, wenn ich nach Dänemark fahre, was unzählige Pendler*innen aus Schleswig-Holstein täglich tun, plötzlich an einer Grenze stehe. Eine Grenze, mitten in Europa. Das, liebe Kolleg*innen, ist längst nicht mehr die Ausnahme, sondern zur Regel geworden.

Längst hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass das Vorgehen der dänischen Regierung gegen Europäisches Recht verstößt. Geändert hat das allerdings nichts. Das Weigern der dänischen Regierung, die Grenzkontrollen einzustellen führt damit nicht nur zu einer Einschränkung der Freizügigkeit und zu einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteil. Nein, es stellt auch die Wirksamkeit des europäischen Rechtssystems in Frage. Denn, wenn wir Gesetze nicht achten und durchsetzen, verlieren sie ihre Wirksamkeit und Europa seine Glaubwürdigkeit.

Das Ansinnen der SPD mit ihrem Antrag ist richtig. Ich tue mich allerdings schwer damit, die Bemühungen der Europäische Kommission als angemessen zu bewerten. Ja, natürlich, die Überarbeitung der Schengen-Regelungen ist wichtig und notwendig. Vergessen wir allerdings nicht, dass das Vorgehen einzelner Mitgliedsländer bereits gegen die geltenden Regelungen verstößt.

Das von der SPD benannte Gutachten der Europa-Universität Flensburg hat die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der dänischen Regierung bestätigt. Hier müssen wir nach Wegen suchen, damit die geltenden Regelungen und damit eine der zentralen Errungenschaften der europäischen Union, wieder gelten.

Bei aller politischer Vielfalt der europäischen Staaten muss der Gedanke der Freiheit und des Friedens in Europa verteidigt werden. Dieser Gedanke führte im Beginn zum Abbau von Schlagbäumen und muss auch heute immer wieder verteidigt werden.

Vielen Dank.

Eka von Kalben

Landtagsvizepräsidentin

Sprecherin für Europa, Religion, Minderheiten und Inklusion