Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 30 – Konsequenzen aus den Ergebnissen der Biotopkartierung

Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Silke Backsen:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleg*innen,

auch ich möchte mich für den Bericht des Ministers bedanken. Vielen Dank auch an die Kollegin Sandra Redmann, die dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Der Bericht hat deutlich gemacht, wie es um den Zustand der Natur im Land bestellt ist und wie groß der Handlungsbedarf ist. Es ist gut, dass dies hier einmal deutlich zur Sprache kommt.

Weniger gut ist, was diese Daten besagen: Der Zustand vieler Arten und Lebensräume hat sich im Vergleich zum Zeitraum der letzten vollständigen Kartierung in den Jahren 1978 bis 1993 gravierend verschlechtert. Allerdings kann diese Erkenntnis niemanden überraschen und sie ist auch nicht wirklich neu.

Schon im letzten Bericht zur biologischen Vielfalt Anfang Februar war bereits nachzulesen, ich greife hier nur ein paar Fakten heraus: Es hat insbesondere einen Verlust an wertvollen Offenlandlebensräumen, Niedermooren und Sümpfen gegeben. Trotz des seit langem bestehenden gesetzlichen Schutzes sind die Heiden, Binnendünen, Trocken- und Magerrasen, aber auch die wertvollen Nassgrünländer und artenreichen Grünlandflächen deutlich seltener geworden.

Ich habe deshalb dazu in einer Pressemeldung eine Beschleunigung beim Artenschutz gefordert und ich tue dies hier erneut. Wir brauchen aber eben nicht nur Artenschutz, sondern den Schutz wertvoller Biotope, ganzer Ökosysteme und ein deutlich besseres Biotopverbundsystem.

Mit der Biodiversitätsstrategie in unserem Land haben wir eine sehr gute Grundlage und wir haben einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zum Schutz der Natur unternommen.

Diese Strategie wurde im Jahr 2021 ja nicht von uns beschlossen, weil wir glaubten, es sei alles in bester Ordnung. Bereits im Vorwort heißt es: „Die biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein ist überwiegend in keinem guten Zustand“. Wir haben eben deshalb auch neue Stellen im Bereich der Umsetzung dieser Strategie beschlossen. Wir haben all das entschieden, weil wir uns der Größe der Aufgabe bewusst sind und weil wir wissen, dass wir handeln müssen. Die Trendwende beim Verlust an Arten und Lebensräumen einzuleiten und eine Umkehr zu erreichen ist eine Mammutaufgabe.

Es ist im Bericht auch klar zu erkennen, dass gerade die Biotope stark zugenommen haben, die für den Erhalt der Artenvielfalt kaum von Wert sind wie zum Beispiel Intensivgrünland und Nadelforste. Es finden also Prozesse statt, die den Zielen unserer landesweiten Biodiversitätsstrategie entgegenlaufen – das müssen wir gemeinsam stoppen und umkehren. Es zeigt sich auch, dass gerade nährstoffarme Standorte und daran angepasste Pflanzenarten flächendeckend in der Existenz bedroht sind.

Es gibt also viele Faktoren, die auch in unserem Land die Quantität und auch Qualität der Biotope beeinflussen, wie die Landnutzung, die Landbewirtschaftung, der Flächenverbrauch, Mobilität und Wohnen. Es ist eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe, da wir ja auch alle unsere Umwelt gestalten und in ihr leben.

Es gibt auch viele Bereiche, die wir landespolitisch nicht direkt beeinflussen können. Mit der Biodiversitätsstrategie ändern wir nicht die EU-Agrarpolitik. Die vielfach bestehenden Nutzungskonflikte und die immer weiter die Natur zurückdrängenden Raumansprüche räumen wir damit nicht aus dem Weg.

Für einen wirksamen Schutz der Natur braucht es, wie auch beim Klimaschutz, gesellschaftliche Mehrheiten. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen sagen, der Schutz der Natur hat für uns höchste Priorität.

Und wir wollen eben nicht immer wieder Krisen miteinander vergleichen und abwägen oder Nutzungen gegeneinander stellen, wie Landwirtschaft versus Naturschutz und Biodiversität versus Klima. Nein, Biodiversitätskrise und Klimakrise müssen zusammen betrachtet und auch eingedämmt werden. Die Landwirtschaft wird auf Dauer nur mit dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen eine Zukunft haben. Und es gibt auch Lebensräume und Arten, die es nur deshalb gibt, weil wir Land bewirtschaften.

Die Fakten liegen jetzt auf dem Tisch und es muss gehandelt werden, auch in finanziell schwierigen Zeiten. Wir können es uns schlichtweg nicht erlauben, denn wir sind alle auf intakte und gesunde Ökosysteme angewiesen.

Der Naturschutz ist die Lösung, nicht das Problem, denn: Ohne Natur gibt es keine Nahrungsgrundlage! Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten, um unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.

Vielen Dank!

Silke Backsen

stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Sprecherin für Umwelt- und Naturschutz, Meeresschutz, Tourismus