Das System Schiene zukunftsgerecht aufstellen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 26 – Erhöhung der Trassenentgelte stoppen

Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

für jeden unserer Züge von Kiel nach Hamburg zahlen wir circa 640 Euro Trassengebühr an die DB InfraGO. Wir fahren die Strecke aber nicht einmal, sondern rund 80 Mal am Tag hin und zurück. Rechnet man die Kosten also für die rund 30.000 Fahrten im Jahr aus, kommen wir auf Trassengebühren von 20 Millionen Euro jährlich. Allein für Kiel-Hamburg. Die Summe ist fast zehn Mal so hoch wie wir für den Antrieb, also den Strom auf der Strecke zahlen.

Nur zum Vergleich: Man stelle sich einmal vor, man würde den das Zehnfache des Spritpreises an Maut zahlen. Zehn Euro Maut pro Liter Sprit. Ein gutes Beispiel, das mal wieder zeigt, wie sehr die Schiene benachteiligt wird.

Aber was bekommen wir für den hohen Preis? Ich glaube, ich brauche nicht den Raum zu verlassen, um ein deutliches Stimmungsbild darüber zu bekommen, wie zufriedenstellend die Qualität der Infrastruktur ist. Landesweit und nicht nur für Kiel – Hamburg.

Für Schleswig-Holstein liegen die Trassengebühren insgesamt bei 150 Millionen Euro. Ein Drittel der Regionalisierungsmittel gehen also über die DB InfraGO zurück an den Bund. Das GO in InfraGO steht übrigens für gemeinwohlorientiert. So richtig ist davon noch nichts zu bemerken.

Und nun wird geplant, die Trassengebühren nochmal deutlich zu erhöhen. Für den Regionalverkehr um fast ein Viertel. Während wir bereits mitten in einer Finanzierungskrise des ÖPNV stecken – und damit sind wir in Schleswig-Holstein nicht allein – würden uns diese 30 – 50 Millionen Euro zusätzlich die gesamte Grundlage entziehen. Das darf so nicht passieren. Deswegen bitten wir heute die Landesregierung, sich gegen diese Erhöhung einzusetzen.

Aber wir wollen heute nicht nur Geld fordern, sondern auch Lösungswege aufzeigen. Die Übertragung regionaler Infrastruktur in die Verantwortung des Landes ist einer davon.

Das sind Strecken, auf denen die DB gar keinen Fernverkehr fährt und auch gar kein eigenes Interesse hat, die Strecken instand zu halten oder auszubauen. Eher im Gegenteil, wenn wir uns die Investitionssumme für Schleswig-Holstein ansehen, fällt auf, dass wir deutlich mehr Trassengebühren zahlen, als an Investitionen zurückkommt.

Die Strecken in eigener Verantwortung zu haben, hat Vorteile: In der Regel sind Arbeiten der DB deutlich teurer und langwieriger als diejenigen, die wir selbst vornehmen. Auch die Priorisierung könnten wir für Schleswig-Holstein selbst festlegen und sind nicht vom Bund abhängig. Das heißt auch: Reaktivieren zu günstigeren Preisen. Außerdem: Mehr Züge fahren lassen ohne mehr Trassen bezahlen zu müssen. Wenn aktuell ein Drittel der Regionalisierungsmittel in Trassengebühren fließt, kann man sich ausrechnen, dass die reine Bestellung von mehr Zugfahrten im Vergleich gar nicht so viel teurer ist, dafür aber mehr Fahrgäste und so auch mehr Einnahmen bedeutet.

In anderen Worten: Wir wollen einem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichem Geldern, statt Fernverkehr und Tiefbahnhöfe im Süden aus schleswig-holsteinischen Trassengebühren zu finanzieren. Deswegen fordern wir heute nicht nur Geld vom Bund, sondern wollen neue Wege vorschlagen, die Schieneninfrastruktur zu finanzieren und in einen guten Zustand zu bringen.

Auf den Schienen fährt aber nicht nur Regionalverkehr. Auch für die Verlagerung von Güterverkehren wäre die geplante Erhöhung der Trassengebühren dramatisch. Niemand mag Straßen voller LKW. Die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene ist gesellschaftlicher Konsens. Doch dafür braucht es finanzielle Anreize für Logistikunternehmen. Gerade deswegen war die Erhöhung und Umschichtung der LKW-Maut in Schieneninfrastruktur so ein bedeutsamer Schritt, den wir unterstützen.

Genau dieser Ansatz würde aber mit einer so drastischen Erhöhung der Trassengebühren verloren gehen. Nicht nur das: Er schafft fehlendes Vertrauen und fehlende Planungssicherheit für Logistikunternehmen und damit auch in die Ansiedlung neuer Industrien.

Wer Verkehre verlagern möchte, muss erheblich investieren und den gesamten Betrieb umstellen. Das braucht Mut und Planungssicherheit. Auch daher ist ein stabiler Trassenpreis zentral.

Am Ende gehört zur Wahrheit, dass der Bundeshaushalt in einer ebenso schwierigen Lage ist wie der Landeshaushalt. Es ist leicht, Geld vom Bund zu fordern. Das zeigt allerdings auch keinen Lösungsweg auf, wo es herkommen soll. Deswegen kann ich einen solchen Antrag nicht stellen, ohne zu betonen, dass es Gegenfinanzierungsvorschläge gibt. Sei es die Reform der Schuldenbremse, um Investitionen zu ermöglichen, die Priorität endlich auf Sanierung, statt Neubau zu legen, fossile Subventionen im Verkehrssektor zu beenden oder eine höhere Besteuerung für Menschen mit hohen Vermögen.

Ohne eine dieser Lösungen werden wir das System Schiene nicht zukunftsgerecht aufstellen können. Und genau das brauchen wir so dringend.

Vielen Dank!

Nelly Waldeck

Sprecherin für Mobilität, Klimaschutz, Schifffahrt, Digitales, Netzpolitik, Soziales, Jugend und Antidiskriminierung