Für ein Gelingen des Ganztags braucht es Kompromisse und keine Blockadehaltung

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 15 + 18 – Guten Ganztag entwickeln – Gemeinsam Qualität weiterentwickeln

Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihren Bericht, Frau Ministerin Prien. Wir debattieren hier über einen essenziellen Anspruch für unsere Gesellschaft. Der Bundestag hat sich in seiner 19. Legislaturperiode endlich auf den Weg zum Rechtsanspruch auf Ganztag gemacht. Damit sind eine Menge Hoffnungen verbunden. Die Erwartungen in Schleswig-Holstein an den Ganztag sind enorm.

Ich habe gestern mit meiner Mutter telefoniert und sie gefragt, wie sie das eigentlich alles geschafft hat, als mein Bruder und ich noch in der Grundschule waren. Es gab die Möglichkeit, an einzelnen Tagen ein bis zwei Stunden länger in der Schule betreut zu werden. Das hieß, dass man dort Spiele spielen konnte, bevor es dann nach Hause ging. Einen Bildungsanspruch hatte das Angebot aber nicht. Da ging es um Verwahren, bis die Eltern von der Arbeit kommen. Für meine Mutter, die während meiner Grundschulzeit durchgehend gearbeitet hat, war das hilfreich, aber sie konnte dadurch trotzdem nicht Vollzeit arbeiten. Und es sind eben vor allem Frauen, die aufgrund der Kinderbetreuung nicht Vollzeit arbeiten können. Und diejenigen, die arbeiten, bezahlen für die Angebote eine hohe Summe. Meine Mutter erzählte mir gestern, dass sie eigentlich in der Zeit alles Geld für Tagesmütter, Betreuung in der Schule und Fahrtkosten ausgegeben hat. Das kann es nicht sein und deshalb ist bei aller Kritik, die der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung immer noch erstaunlicherweise erhält, der Weg ab 2026 der richtige.

Beim Rechtsanspruch auf Ganztag geht es darum, eine gute Kinderbetreuung sicherzustellen, da diese entscheidend für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist, aber eben auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es geht beim Ganztag also um Gleichstellung, Familienpolitik, Arbeitnehmer*innenpolitik und mir ganz wichtig: Bildungsgerechtigkeit. Dies alles gelingt aber nur, wenn wir eine qualitativ hochwertige Betreuung- und Bildungsinfrastruktur am Nachmittag haben. Dafür setzen wir uns ein.

Obwohl sich die Landesregierung und kommunalen Spitzenverbände bereits auf Eckpunkte zu den Betriebskosten geeinigt haben, sind die Verhandlungen zäh und noch nicht abgeschlossen. Ich bedauere das sehr. Bei der Landeskonferenz zum Ganztag wurden weit über 250 Fragen an das MBWFK gestellt. Das zeigt, dass es viele engagierte Menschen bei diesem Thema gibt und es zeigt auch, dass noch viele Fragen geklärt werden müssen. Das angedachten Anreizsystem des MBWFK bezüglich der Fachkräfte und der Gruppengröße halte ich dabei für eine richtige Idee.

Uns Grünen ist wichtig, dass die Förderung des Ganztags an eine Sozialstaffel und Geschwisterermäßigung gekoppelt ist, um sicherzustellen, dass alle Kinder, unabhängig von der finanziellen Situation ihrer Familien, Zugang zu ganztägigen Bildungsangeboten haben. Um die Qualität der Angebote zu sichern und den Fachkräften die notwendigen Kompetenzen für eine kindgerechte Betreuung zu vermitteln, braucht es insbesondere für Personal ohne pädagogische Qualifikation ein Fortbildungskonzept. Auch das sollte bei dem Anreizsystem berücksichtig werden.

Uns Grünen ist auch das Thema Inklusion enorm wichtig. Wir wollen unsere Schulen zu inklusiveren Orten machen. Und da gehört der Ganztag natürlich dazu. Ich weiß, dass insbesondere der Staatssekretärin das Thema wichtig ist und ich ermutige ausdrücklich, dass wir beim Ganztag auch beim Thema Inklusion vorangehen.

Im Januar wird das MBWFK das Rahmenkonzept zur Qualität im Ganztag vorstellen. Ich wünsche mir, dass dieses Rahmenkonzept die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt stellt. Ich würde mir außerdem wünschen, dass dabei folgender Punkt Beachtung findet: Bei der Ausgestaltung von Ganztagsangeboten gilt es, Vor- und Nachmittag gewinnbringend miteinander zu verknüpfen. Das Ganztagskonzept sollte sinnvoll mit den Fachanforderungen verzahnt werden und neben den Bildungsleitlinien auch Erfahrungen von Vereinen und außerschulischen Bildungsträgern sowie aus dem PerspektivSchul-Programm berücksichtigen.

Wir haben in Schleswig-Holstein eine Ausgangsbedingung, auf die wir aufbauen können. Es ist nicht so, dass es an unseren Schulen gar keine Angebote gibt, darauf hat die Ministerin in ihrem Bericht verwiesen. Es soll auch nicht von heute auf morgen alles am bestehenden Angebot verändert werden. Dafür braucht es eine langfristige Vision für den Ganztag, damit wir uns Stück für Stück einer gemeinsamen Vorstellungnähern.

Dafür war ein breiter Beteiligungsprozess notwendig, den hat das Ministerium auf die Beine gestellt und dafür bin ich dankbar. Gleichzeitig sind wir hinter dem Zeitplan. Ich kann verstehen, dass die Kommunalen Landesverbände eigene Interessen haben und in den Verhandlungen alles rausholen wollen. Ich habe kein Verständnis mehr für diese Blockadehaltung. Die Kommunalen Landesverbände sollte eine Schipperunternehmen, die Blockadehaltung verlassen und ernsthaft an Kompromissen arbeiten.

Wenn das gelingt, werden wir die Erwartungen an uns auch erfüllen können.

Vielen Dank!

Malte Krüger

Sprecher für Schule, Hochschule, Wissenschaft, berufliche und politische Bildung