Auch der freifinanzierte Wohnungsbau muss wieder in die Gänge kommen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 20 + 40 – Investitionsanreize schaffen: Rahmenbedingungen für den Bau und Erwerb von Wohnimmobilien verbessern

Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Brandt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Bereitstellung von ausreichend Wohnraum ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Besonders die starke Konkurrenz um bezahlbare Wohnungen birgt sozialen Sprengstoff, nicht nur in den Ballungsräumen, sondern zunehmend auch im ländlichen Raum.

Auf diese Entwicklung wurde reagiert, die Zahl neu gebauter Wohnungen hat sich zwischen 2010 und 2020 fast verdoppelt. Die Rahmenbedingungen waren einige Zeit lang auch günstig: niedriges Zinsniveau und Preise für neue Wohnimmobilien, die zumindest außerhalb der großen Städte lange bezahlbar waren. Dennoch konnte der Neubau die Nachfrage zu keinem Zeitpunkt komplett decken.

Seit rund zwei Jahren hat sich nun der Wind gedreht: erheblich gestiegene Baukosten und die hohen Zinsen haben den Wohnungsneubau stark ausgebremst. Die Zahl neu fertiggestellter Wohnungen ist 2023 nach ersten Prognosen deutlich gesunken, mit einer Fortsetzung dieses Trends ist zu rechnen. Vom Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen jährlich neu zu schaffen, sind wir somit weit entfernt. Es besteht also Handlungsbedarf.

In Schleswig-Holstein haben wir frühzeitig gegengesteuert und verstärkt auf die Förderung von Sozialwohnungsbau gesetzt. Das zahlt sich doppelt aus: zum einen, weil bezahlbare Wohnungen dringend benötigt werden, zum anderen, weil die hiesige Bauwirtschaft so wieder Aufträge bekommt.

Mit fast 2.000 neuen Wohnungen konnten wir in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr mehr sozialen Wohnraum schaffen als jemals zuvor. Wir werden daher trotz der angespannten Haushaltssituation die hohe Förderquote beibehalten, um auch 2024 in vergleichbarem Umfang neue Sozialwohnungen zu schaffen. Dafür werden zusätzlich 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Mieter*innen wollen wir zudem mit der Kappungsgrenzenverordnung schützen. Mit Hilfe der Verordnung soll gerade in den Städten und Gemeinden, wo der Markt besonders angespannt ist, die übermäßige Steigerung der Mieten in den Griff bekommen werden.

Natürlich reicht das nicht aus, um die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt zu lösen. Neben gezielter Förderung gehört dazu auch die strukturelle Beseitigung von Hemmnissen.

Genau deshalb haben wir auch die Landesbauordnung angefasst: Durch die Vereinheitlichung von Standards, die Verkürzung von Prozessen, aber auch durch konkrete Anpassungen, etwa die Reduzierung der Mindesthöhe der Raumdecke, wollen wir das Bauen erleichtern und kostengünstiger machen.

Das sind gute Signale, die auch von den Akteuren am Markt begrüßt werden. Allerdings wird das allein nicht reichen, um genügend neue Wohnungen zu schaffen. Auch der freifinanzierte Wohnungsbau muss wieder in die Gänge kommen. Daher ist es gut und richtig, dass die Bundesregierung fast eine Milliarde Euro für vergünstigte KfW-Kredite im klimafreundlichen Neubau, genossenschaftlichen Wohnen und barrierearmen Umbau bereitstellt.

Eine weitere Möglichkeit, um diesen Sektor anzukurbeln, ist die im Entwurf des Wachstumschancengesetzes vorgesehene Regelung zur befristeten Einführung einer degressiven Abschreibungsmöglichkeit für Wohnungsneubau.

In den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss ist bereits ein Kompromiss erzielt worden, der auch die befristete Einführung einer degressiven AfA bei neu geschaffenen Wohnungen beinhaltet. Jetzt müssen Bundesrat und Bundestag nur noch zustimmen.

An dieser Stelle möchte ich Andreas Mattner, Präsident des Branchenverbands der Immobilienwirtschaft ZIA zitieren, der vor der gestrigen Sitzung des Vermittlungsausschusses gesagt hat: „Die Lage ist zu ernst für politische Spielchen.“ Und in Bezug auf die steuerlichen Anreize für die Immobilienwirtschaft, wie sie im Wachstumschancengesetz vorgesehen sind, sagte er: „Diese Frage mit Entlastungen beim Agrardiesel zu verknüpfen, ist unangebracht.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich hoffe, Herr Merz und die Bundes-CDU haben die Botschaft verstanden.

Oliver Brandt

Sprecher für Haushalt, Finanzen, Metropolregion, Landespersonal