Der Autor dieses Dramas ist Bundesverkehrsminister Volker Wissing

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 1 – Aktuelle Stunde „Der A23-Ausbau muss als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft werden“

Dazu sagt der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter:

Sehr geehrte Damen und Herren,

diese Debatte um die A23 ist wirklich ein Drama in diversen Akten. Und der Autor dieses Dramas ist Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Nach einer quatschig langen Sitzung des Koalitionsausschusses auf Bundesebene hatte man sich darauf geeinigt, dass 144 Autobahnprojekte zur Engpassbeseitigung beschleunigt umgesetzt werden sollen. Das sind immer nur kleine Teilabschnitte, die ohnehin kommen sollten, nur jetzt eben schneller. Aus Schleswig-Holstein befand sich kein Projekt in dieser Liste. Auch nicht die A23.

Mir ist bewusst, dass alle anderen Fraktionen hier dies sehr bedauern, aber es bleibt festzuhalten, dass die A23 nicht auf der Liste der 144 Autobahnprojekte stand. Ich betone das so sehr, weil die FDP irgendwann so tat, als gäbe es gar keine 144er-Liste, aber dazu später mehr.

Derweil lief in Schleswig-Holstein die Debatte bereits heiß. Die CDU kritisierte die Bundesregierung, weil die A23 und die A20 fehlten und beschwerten sich beim Bundeskanzler. Die SPD sagte zunächst erstmal gar nichts. Der SSW sagte zunächst auch nicht wirklich etwas, aber wie ich Lars Harms kenne: Im Zweifel für Beton und Asphalt. Und die FDP sah schon vorsorglich jede Schuld bei Robert Habeck.

Dazu sei gesagt, dass die 144er-Liste bereits vor dem Koalitionsausschuss bekannt war. Der Spiegel berichtete damals bereits unter der Bezeichnung einer „Toxischen Liste“. Wissing hat nur, warum auch immer, die A23 nicht in dieser Liste aufgeführt. Und anstatt nun die A23 noch über Nachverhandlungen auf die Liste zu bekommen, hat Wissing einfach so getan, als wäre die A23 auf der Liste.

Da alle Autobahnprojekte eine Zustimmung der Länder brauchten, um besonders beschleunigt umgesetzt zu werden, schrieb Wissing also auch dem Verkehrsminister von Schleswig-Holstein einen Brief, ob wir eine beschleunigte Umsetzung für die A23 wünschen. Mit Frist 28. April 2023.

Wir Grüne waren reichlich verwirrt und etwas genervt. Denn unser Kenntnisstand war ja: Die A23 steht nicht auf der 144er-Liste. Und die 144er-Liste ist abschließend verhandelt und benennt die konkreten Projekte.

Derweil machte sich in der FDP die Position breit, dass es gar nicht um 144 Projekte ginge, sondern um die Beseitigung aller Engpässe auf Autobahnen. Das ist schon wild. Ich zitiere mal einen Tweet des Bundesverkehrsministeriums: „Wir werden marode Brücken einfacher und schneller sanieren, die Stauschwerpunkte beseitigen und 144 konkrete Autobahn-Projekte schneller umsetzen.“

Dann dachte ich mir, naja, vielleicht hat der Chef es aber anders gemeint. Aber auch auf FDP.de heißt es dann: „Die Beschleunigung soll für Projekte gelten, die Stauschwerpunkte und Engstellen sind. Das sind insgesamt 144“, gefolgt von einem Zitat von Wissing: „Für eine eng begrenzte Zahl von besonders wichtigen Projekten zur Engpassbeseitigung […]“ – offenbar war die A23 keines dieser besonders wichtigen Projekte für Wissing. Selbst Lindner spricht auf dem Bundesparteitag der FDP von 144 Projekten, nicht von 144+1 oder 145.

Ich will damit sagen: Wissing hat die A23 nicht für wichtig genug betrachtet, um sie auf die 144er-Liste zu setzen. Dann hat Wissing kalte Füße bekommen und anstatt diesen scheinbaren Fehler in der Koalition zu klären, einen Brief an uns geschickt.

Das ist unprofessionell. Wir mussten trotzdem auf den mit einer Antwortfrist belegten Brief reagieren. Dazu möchte ich eines noch sagen: Wir Grüne sind die einzige Fraktion in diesem Haus, die von der Notwendigkeit des A23-Ausbaus nicht überzeugt sind.

Durch den Ausbau der A23 wird ein möglicher Engpass kurz etwas breiter und endet wieder in einem Engpass, weil Hamburg den Verkehr gar nicht aufnehmen könnte. Letztlich landet man also nur schneller im Stau. Auch der Wirtschaft ist wenig geholfen, wenn sie einfach schneller im Stau landet.

Aber sei es drum, wir brauchten eine Antwort auf den Brief von Wissing. Als Koalition haben wir entschieden, dass wir die Anfrage von Wissing bestätigen, denn der Koalitionsvertrag sieht vor, dass wir wollen, dass der Bundesverkehrswegeplan umgesetzt wird, und dass die Infrastrukturprojekte beschleunigt werden. Zudem haben wir gemeinsam festgehalten, dass Schienenprojekte wie das dritte und vierte Gleis dringend umgesetzt werden müssen, für Lärmschutz und Tempolimit gesorgt werden muss und auch ein landesweites Schüler*innenticket mit den Kreisen entwickelt werden soll.

Damit hatten wir unsere Arbeit getan. Wissing hingegen hatte offenbar immer noch nicht geklärt, ob die A23 nachträglich noch auf die Liste kann. Nach der an uns übermittelten Antwortfrist wurde offenbar in der Bundesregierung endlich über die A23 gesprochen. Und oh Wunder: In der Sache wurde keine Nachverhandlung zugelassen.

Und damit stehen wir heute hier. FDP-Bundestagsabgeordnete drohen mit der Blockade aller Lieblingsprojekte des Bundeswirtschaftsministeriums oder werden einfach gleich beleidigend.

Wir haben mit diesem Prozess einige Zeit verloren. Einige haben auch ihre Geduld verloren. Und manche sogar ihr Niveau.

Vielen Dank!