Die Energiewende ist und bleibt eine Gemeinschaftsaufgabe

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 26 + 27 – Mehr Akzeptanz durch Preistransparenz in der Fernwärme; Gerechte Strompreise für Schleswig-Holstein

Dazu sagt die energiepolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Ulrike Täck:

Sehr geehrte Damen und Herren,

man hört es in allermunde: Die Gaspreise sinken, aber die Fernwärmepreise steigen. Die Preisbremse ist zwar weg, die Mehrwertsteuer steigt wieder, aber das erklärt die hohen Fernwärmepreise nicht. Es geht hier also eine Schere auf, die zu Lasten der Kund*innen ist.

Auf der anderen Seite werden aber wohl Gewinne gemacht, denn das Geld muss ja wohin gehen. Dazu kommt noch, dass die Menschen häufig keine Wahl haben, denn es gibt nur den einen Wärmeanbieter in der Region. Die Situation wird dann weiter verschärft, wenn es einen Anschlusszwang gibt, aus dem die Bürger*innen nicht herauskommen. Sie sitzen in der Mausefalle!

Ein Faktor, der hier hineinspielt, sind die Preisänderungsklauseln. Sie sollen den Preis für eine vertragliche Zeit stabil halten, dem Anbieter Planungssicherheit mit den Einnahmen geben und den Kund*innen verlässliche und bezahlbare Preise bieten. Offensichtlich läuft momentan etwas schief.

Der Bundesgerichtshof führte in einem Urteil zu den Preissteigerungsklauseln bereits 2010 folgendes aus: Der Anbieter darf bei Vertragsabschluss keine Risikoaufschläge machen, falls die Kosten mal steigen sollten. Es darf keine Preissteigerungen geben, die über konkrete Kostensteigerungen hinausgehen, um zusätzliche Gewinne zu erzielen. Es gibt kein pauschales Recht, Preise ohne Anknüpfung an eine Kostensteigerung anzuheben.

Um für Klarheit bei den Kund*innen zu sorgen, braucht es Preistransparenz. Aber wenn man sich eine Berechnungsformel für die Preise ansieht, so steht man vor einer Hieroglyphenartigen Formel mit teils unerklärlichen Faktoren und Preisbestandteilen. Exorbitant hohe Preise und fehlende Transparenz halten Menschen auch davon ab, sich an ein Wärmenetz anschließen zu lassen.

Vor dem Hintergrund der großen Aufgabe der Wärmewende, bei der Wärmenetze eine zentrale Rolle spielen, ist das fatal. Ich will hier nicht alle Anbieter über einen Kamm scheren, aber die Aufgabe der Politik ist, die Augen aufzuhalten und die Menschen zu schützen und zu unterstützen, wenn da jemand außer Rand und Band ist.

Deshalb bittet der Landtag die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Fernwärmepreise sich an den tatsächlichen Kosten orientieren. Wir wünschen uns von der Landesregierung Vorschläge, die darstellen, wie Anbieter veranlasst werden können, in Maßnahmen bei ihrer Infrastruktur zu investieren, die die Kosten senken, anstatt beispielsweise Kosten für zu hohe Wärmeverluste an die Kund*innen abzuwälzen.

Wir bitten die Landesregierung zudem, ein landesweites Fernwärmeportal einzuführen, aus dem die Menschen objektiv Veränderungen der Preise entnehmen können. Außerdem soll geprüft werden, welche rechtlichen Maßnahmen eingeleitet werden können, um die Verbraucher*innen davor zu schützen, bei Aufgabe eines Wärmenetztes in einer kalten Wohnung sitzen gelassen zu werden.

Und nun wieder einmal zu den Strompreisen: auch die sind vor allem in unserem Bundesland relativ hoch, und dies, obwohl wir massiv Windenergie ernten, die bei ihrer Herstellung eher günstig ist. Und dabei haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt: Wir wollen das erste klimaneutrale Industrieland werden. Aber auf dem Weg dahin dürfen wir die Akzeptanz nicht verlieren, denn die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Wir müssen daher darauf achten, dass die Kosten für diese Aufgabe gerecht und fair verteilt werden. Bei den Netzentgelten ist das nicht der Fall. Zu der unfairen Verteilung der Netzentgelte haben wir hier im Landtag schon mehrfach gesprochen und darum gebeten, dass sich die Landesregierung für eine faire Verteilung auf Bundesebene einsetzt. Übrigens sind bei den Netzentgelten zwei Arten zu unterscheiden: Übertragungsnetzentgelte, für die großen Stromtrassen durchs Land. Verteilnetzentgelte, die den Strom in Richtung der Orte verteilen.

Kommen wir zurück zum Punkt: Die Bundesnetzagentur ist nunmehr ermächtigt, die Verteilnetzentgelte neu und fairer zu ordnen. Darüber können wir uns freuen. Aber trotz dieser Entwicklung werden wohl die Netzentgelte steigen, denn der vom Bund zugesagte Zuschuss zu den Kosten für die Übertragungsnetze entfällt.

Diese auf Bundesebene kurzfristig beschlossene Streichung des zunächst angekündigten Zuschusses tut weh und tut den Bürger*innen in den Bundesländern der erneuerbaren Energien am meisten weh. Das ist ungerecht und fördert nicht die Akzeptanz für die so bedeutende Energiewende. Deshalb ist die Bundesregierung aufgefordert, die daraus entstehenden negativen Folgen aufzufangen.

Positiv stellen wir fest, dass die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes auch Anreize setzen will, die Stromverbraucher*innen zu einem netzentlastenden Verbrauchsverhalten zu motivieren. Das gilt für Bürger*innen sowie für Klein- und Mittelständische Unternehmen. Es ist aber davon auszugehen, dass nicht alle Menschen in der Lage sein werden, ihr persönliches Verbrauchsverhalten so anzupassen: beispielsweise Eltern, deren Alltag zwischen der Arbeit in einer industriellen Produktion und den Kita- und Schulzeiten eingeklemmt ist.

Deshalb halte ich es für wichtig, dass die Ausgestaltung dieses Anreizsystems auch sozial ausgewogen ist. Die Reform der Strompreisbestandteile und auch eine schrittweise Stärkung der CO2-Bepreisung sind sehr wichtige Puzzleteile im Bild einer fair gestalteten Energiewende und der Abkehr von fossilen Energieträgern.

Ich danke unserem Minister Herrn Goldschmidt, dass er im letzten Jahr beim Bundeswirtschaftsminister für die Reform im Energiesektor geworben hat. Bei dem diesjährigen Vorsitz Schleswig-Holsteins in der Energieminister*innenkonferenz bietet sich sicher die Gelegenheit, die Gespräche dazu weiter voranzubringen.

Mit den beiden durch die Koalition vorgelegten Anträgen wollen wir also sicherstellen, dass es mit der Energiewende vorangeht und die Kosten dabei gerecht und fair verteilt werden.

Ich bitte hierfür um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank!

Ulrike Täck

Sprecherin für Energie und Kreislaufwirtschaft