Die Vertrauliche Spurensicherung soll finanziell auf sichere Beine gestellt werden 22. März 2024 Es gilt das gesprochene Wort! TOP 17 – Gewalt konsequent ahnden –Vertrauliche Spurensicherung finanziell absichern Dazu sagt die frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies: Sehr geehrte Frau Präsidentin,sehr geehrte Kolleg*innen, seit etwa neun Jahren gibt es die sogenannte „Vertrauliche Spurensicherung“ in Schleswig-Holstein. Das ist wirklich gut und äußerst wichtig für das Vorgehen gegen körperliche und sexualisierte Gewalt in unserem Land, von der insbesondere Frauen und Kinder betroffen sind. Seit 2015 bis heute existiert dieses Angebot in Form einer jährlichen Projektfinanzierung mit jährlichen Abrechnungen der rechtsmedizinischen und administrativen Strukturen, die dafür vorgehalten werden. Eine unsichere und unplanbare Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung wird der Bedeutung und Komplexität dieses Angebots nicht gerecht. Die vertrauliche Spurensicherung funktioniert faktisch als ein über Jahrzehnte bestehendes verlässliches Angebot. Und genau, weil sie das ist und sein muss, muss sie auch finanziell auf sichere Beine gestellt werden. Vielleicht wird es deutlicher, wenn wir uns anschauen, was ganz genau bei einer vertraulichen Spurensicherung eigentlich getan wird. Bei der Vertraulichen Spurensicherung werden nach einer Gewalttat Spuren am Körper des Opfers gesichert und dokumentiert. Und zwar durch die Rechtsmedizin oder durch die Rechtsmedizin geschulte Mediziner*innen – also gerichtssicher. Das passiert freiwillig, unter Wahrung der Anonymität der betroffenen Person, ohne Polizei, und ohne dass eine Anzeige gestellt werden müsste. Wie funktioniert das konkret: der Körper wird komplett angeschaut und begutachtet. Bei sexualisierter Gewalt wird entsprechend untersucht. Es werden gerichtsfeste Fotos gemacht, auf denen Gewaltmerkmale auf dem Körper, beispielsweise Hämatome, festgehalten werden und auch später dem Opfer zugeordnet werden können. Es werden „Abriebe“ von der Haut genommen an den Gewaltstellen, um Fremd-DNA zu finden. Bei sexualisierter Gewalt wird zusätzlich eine gynäkologische oder auch urologische Untersuchung vorgenommen und es werden Abstriche genommen. Liegt die Vermutung auf „unter Drogen setzen durch K.O.-Tropfen“ nahe, müssen innerhalb weniger Stunden Blut- oder Urinproben genommen werden, um die Substanz nachweisen zu können. Alle diese Spuren und Beweise, also Fotos, Beschreibungen von Verletzungen und Merkmalen, werden gespeichert, die Abriebe fachgerecht getrocknet, die Blut- und Urinproben eingefroren und alles zusammen sicher und gerichtsfest aufbewahrt. So können alle diese Spuren auch noch nach Jahren rechtsmedizinisch ausgewertet werden. Die Nachweise der Tat und der Täter*innen sind auch später zugänglich und können nicht verloren gehen. Sie sind eine Beweissicherung, die in der Interventionskette gegen Gewalt enorm wichtig ist. Diese Spuren werden bis zu 20 Jahre gesichert, bei Kindern sogar bis zu 20 Jahre nach dem 18. Geburtstag der betroffenen Person. Sie werden so fachgerecht gelagert, dass aus diesen Spuren in einem zweiten Schritt jederzeit ein rechtsmedizinisches Gutachten für ein Gerichtsverfahren angefordert und erstellt werden kann, um den oder die Täter*in anzuklagen. Es geht um nichts Geringeres, als die Frage, ob Täter*innen für ihre Gewalt auch juristisch zur Rechenschaft gezogen werden können oder nicht. Es geht darum, ob eine Person, die Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt wurde, oder auch beides, in die Lage versetzt wird, juristisch gegen den oder die Täter*in auch vorgehen zu können. Und zwar auch dann, das ist das entscheidende, wenn man sich nicht sofort nach einer Vergewaltigung oder körperlichem Missbrauch oder Schlägen durchringen kann, zur Polizei zu gehen und die Tat unmittelbar strafrechtlich verfolgen zu lassen. Denn sehr oft braucht das eben Zeit. Weil die inneren Barrieren es nicht zulassen oder die Angst vor dem oder der Täter*in einfach zu groß ist. Jedes Opfer sollte von dieser Möglichkeit wissen. Gewaltopfer brauchen dieses Recht, das Recht, sich später zu verteidigen. Und deshalb ist 2020 auch auf Bundesebene im SGB V fest verankert worden, dass diese Leistung kassenfinanziert sein kann. Jedes Bundesland kann mit den Landesverbänden der Kassen dazu einen Vertrag schließen. Dabei ist das Abrechnungsverfahren laut SGB V so zu gestalten, dass die Anonymität der von Gewalt betroffenen Person gewährleistet wird. Mit dem vorliegenden Antrag bitten wir unsere Landesregierung, diese Vertragsverhandlungen aufzunehmen. Dabei ergibt es sicher Sinn, sich mit den wenigen Bundesländern auszutauschen, die solch einen Vertrag schon haben oder diesen aktuell verhandeln, wie Niedersachen und Baden-Württemberg. Am Ende sollte es gelingen, über den Kassenvertrag eine tragfähige Basisfinanzierung auf den Weg zu bringen, die dann vom Land ergänzt wird. Ziel muss sein, eine flächendeckende und möglichst wohnortnahe Angebotsstruktur zu gewährleisten. Es muss ein Angebot ohne Erreichbarkeitshürden sein, auch für Kinder und auch für Frauen, die in ein Frauenhaus fliehen müssen. Ich bedanke mich bei allen, die sich seit Jahren in diesem Bereich engagieren, vor allem in der Rechtsmedizin, die von Beginn an das Angebot aufgebaut haben und sich nun für eine nachhaltige Fortführung einsetzen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Catharina Nies Sprecherin für Migration, Flucht, Frauen, Gleichstellung, Familie, Kinder, Kita Webseite von Eka von Kalben Eka von Kalben auf Instagram Eka von Kalben auf Facebook LinkedIn E-Mail an Eka von Kalben Mehr erfahren