Dieser Vorschlag schafft nur Verunsicherung 20. November 202420. November 2024 Es gilt das gesprochene Wort! TOP 16 – Grundsteuermesszahlen Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen: Oliver Brandt Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, über diesen Vorstoß von Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mich nur wundern. Das Thema Grundsteuer wurde hier im Plenum in den letzten Jahren wahrlich rauf- und runterdiskutiert. Eine Änderung der Grundsteuermesszahl, wie sie Sachsen und das Saarland im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens 2021 vorgenommen haben, stand bei uns nicht ernsthaft zur Debatte. Sie fordern nun eine Änderung der Grundsteuermesszahlen zum 01.01.2025. Wir wissen alle, dass die Umsetzung der Grundsteuerreform über mehrere Jahre für die Behörden in Land und Kommunen eine enorme Herausforderung war und ist. Sollen nun 1,2 Millionen Bescheide in zwei Wochen noch einmal neu erstellt werden, falls das Gesetz im Dezember verabschiedet wird? Ganz abgesehen von der IT-Programmierung. Soll die Verwaltung buchstäblich die gleiche Arbeit noch mal erledigen? Sie wissen ja selbst, dass das nicht funktioniert. Im September haben wir die Option der differenzierenden Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke beschlossen. Da war die SPD dagegen, doch einen Alternativvorschlag haben Sie nicht vorgelegt. Damit kommen Sie jetzt, wo die Kommunen intensiv über ihre Hebesätze beraten und sie weitestgehend schon beschlossen haben. Das Einzige, was Sie damit erreichen, ist Verunsicherung. Schon vor einem Jahr, als es erste Hinweise auf Belastungsverschiebungen zu Lasten von Wohngrundstücken gab, hat die Landesregierung diese Option verworfen, unter anderem wegen des hohen Aufwands. All das wissen Sie ja aus Ihrer kleinen Anfrage, aber Sie ignorieren es einfach. Doch nicht nur im Hinblick auf die Praktikabilität, sondern auch inhaltlich macht Ihr Vorschlag keinen Sinn. Das Ziel des Grundsteuermodells des damaligen SPD-Bundesfinanzministers Scholz, das wir in Schleswig-Holstein anwenden, ist bekanntlich eine an der Realität orientierte Bewertung von Immobilien. Sie soll die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes gewährleisten. Nun zeigt sich, dass die die Steuerlast von Wohn- und Nichtwohngrundstücken stellenweise zu Lasten der Wohngrundstücke auseinanderdriftet. Das ist aber nicht überall so. Das bedeutet einfach, dass viele Wohngrundstücke seit 1964 höher im Wert gestiegen sind als Gewerbegrundstücke. Eine Anpassung an diese Realität ist erforderlich, um die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. So hat es uns das Bundesverfassungsgericht vorgegeben. Mit ihrem Vorschlag schaffen Sie wieder ganz neue Verwerfungen. Mit der Änderung der Messzahlen scheren Sie das ganze Land über einen Kamm. Doch die Wertentwicklung sowohl zwischen als auch innerhalb der Kommunen ist sehr heterogen. Auch die Wertentwicklung einzelner Gewerbegrundstücke lief stark auseinander. In Kiel zum Beispiel sinkt die Belastung für Nichtwohngrundstücke insgesamt, aber es gibt auch 39 Prozent der Gewerbegrundstücke, die höher bewertet werden als vor der Reform. Die würden wir durch diese Änderung noch mal zusätzlich stärker belasten. Das lässt sich mit Blick auf die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und auf den Gleichheitsgrundsatz schwer rechtfertigen. Mit unserer Lösung der differenzierenden Hebesätze kann jede Kommune auf Basis der individuellen örtlichen Gegebenheiten entscheiden, ob es Anpassungen im Verhältnis Wohnen/Nichtwohnen braucht und wenn ja, wie groß die Differenz sein soll. Dieses Modell haben wir auf Wunsch der Kommunalen Landesverbände umgesetzt. Eins möchte ich betonen: Niemand will steigende Wohnkosten für Mieter*innen. Daher wäre es eine Lösung, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer über die Nebenkosten abzuschaffen. Über 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland lebt zur Miete, und die Grundsteuer hat sich zu einer Art Steuer auf das Wohnen entwickelt. Das müsste nicht so sein, denn eigentlich ist sie ja als Steuer auf das Grundeigentum gedacht. Gerade mit Blick auf das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip ist die Umlagefähigkeit fragwürdig. Mieterbund und viele andere Akteure fordern zu Recht immer wieder ihre Abschaffung. Auch wenn es dafür derzeit auf Bundesebene keine Mehrheiten gibt, wäre das der richtige Weg, für den wir uns dort einsetzen sollten. Vielen Dank! Oliver Brandt Sprecher für Haushalt, Finanzen, Metropolregion, Landespersonal Link Oliver Brandt auf Instagram X Oliver Brandt auf LinkedIn E-Mail an Oliver Brandt Mehr erfahren