Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit braucht einen grenzüberschreitenden Nahverkehr

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 10 – Grenzüberschreitender Schienenpersonennahverkehr auch in Zukunft sicherstellen

Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleg*innen, 

im echten Norden Politik zu machen, hat einige Besonderheiten: Wir haben das Meer vor dem Landtag, wir diskutieren über Fischbrötchen, Krabben, Wölfe und Schweinswale im Plenum und ein relevanter Teil der Landesfläche ist Grenzregion Dänemarks.

Diese Grenzregionen so gut es geht zu vernetzen und dafür zu sorgen, dass es sich möglichst nicht nach einer Grenze anfühlt, ist unsere politische Aufgabe und ein gutes Verkehrssystem, dass die Länder miteinander verbindet dazu eigentlich das naheliegendste Mittel.

Doch gerade im öffentlichen Verkehr ist dieses so naheliegende Mittel immer wieder eine Herausforderung. Bahnverbindungen müssen mit zwei Ländern abgestimmt werden, Tickets gelten nur für eine Region oder Halte an der Grenze werden von Fernverkehrsbetreibern nicht eingeplant.

Ein Erfolg möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht unerwähnt lassen: Dass das Deutschlandticket direkt auch Gültigkeit bis in die Grenzregionen erlangt hat, ist mal gut gelungen und ich kenne viele Personen, die von dieser Gültigkeit sehr profitieren!

Einer der entscheidenden Aspekte für grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist aber, dass beide Seiten an einem Strang ziehen. Diesen Willen kann man Dänemarks Regierung schlicht nicht zusprechen, als entschieden wurde, den Nahverkehr so umzustrukturieren, dass die dänischen Nahverkehrszüge künftig nicht mehr in Schleswig-Holstein fahren können. Diese Entscheidung hinterlässt gravierende Folgen für unseren Nahverkehr und für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Es ist gut, dass inzwischen ein Kompromiss gefunden werden konnte und die schleswig-holsteinischen Züge nun weiter bis Tinglev fahren können. Mehr als das ist es aber nicht: Ein Minimalkompromiss. Tinglev ist weder Verkehrsknoten noch Wunschhaltepunkt vieler Fahrgäste.

Die Neustrukturierung bedeutet mehr Umsteigen und längere Wartezeiten. Wir wollen, dass es schnelle und attraktive Verbindungen nach Dänemark gibt. Dazu bedarf es einer direkten Verbindung, und zwar an die Orte, an denen auch mehr Fahrgastpotential existiert. Dafür wollen wir uns aus Schleswig-Holstein weiter einsetzen und hoffen, dass es Dänemark gleichtut.

Mit dem Bau der Fehmarnbeltquerung erhält Schleswig-Holstein nun eine zweite Grenzregion. Doch inwieweit dort grenzüberschreitendes Zusammenleben und Arbeiten stattfinden wird, hängt im Kern auch von der Frage ab, wie schnell und günstig es ist, zwischen den Ländern hin- und herzufahren. Deswegen ist es wichtig, frühzeitig über Nahverkehrsangebote zwischen den Ländern zu sprechen. Auch dazu bitten wir die Landesregierung heute.

Es muss aber auch klar sein, dass bei diesen Gesprächen noch viele entscheidende Faktoren offen sind. Dazu zählt die Frage, ob es nachher exorbitant hohe Trassengebühren gibt, um den Tunnel zu refinanzieren, ob die Bahnstrecke auf deutscher Seite bis dahin fertig ist und welche Haltepunkte sie haben wird, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Es ist wichtig, dass bereits Gespräche stattfinden, aber bis sie zum Abschluss kommen, dem müssen wir uns im Klaren sein, braucht es noch einige Informationen. Und bei aller Freude über eine potenziell neue Grenzregion dürfen wir den Bahnverkehr in der alten Grenzregion nicht vergessen.

Bislang sieht es so aus, als würde durch die neue Bahnstrecke nicht zusätzlicher Fernverkehr geschaffen, sondern bestehender von der alten auf die neue Trasse verlagert. Grenzüberschreitender Fernverkehr, Nachtzüge – alle Erfolge der Jütlandroute werden aktuell geplant, ab 2029 über die Fehmarnbeltroute abzuwickeln.

Die Konsequenz wäre eine deutliche Abnahme der Bahnverbindungen über Flensburg nach Dänemark. Und das erste deutliche Zeichen dieser Planung ist, dass Hamburg-Padborg nicht im Ausbau und Sanierungsplan des Bundes vorkommt.

Insofern hängt diese Forderung sehr eng mit dem grenzüberschreitenden Schienenverkehr zusammen. Und es geht noch weiter: Wenn wir Fernverkehrshalte auf dieser Strecke im Grenzbereich realisieren wollen, brauchen wir vor Allem Fahrtzeitgewinne und Kapazität auf der Strecke. Und diese gibt es auf der Strecke von Hamburg nach Flensburg ganz deutlich zu erreichen.

Deswegen sollten wir die Vernachlässigung der Jütlandroute in der Form als Schleswig-Holstein nicht hinnehmen. Ich möchte, dass die Fehmarnbeltquerung zusätzliche Bahnverbindungen schafft und nicht durch Verlagerung bestehender Verkehre andere Regionen abhängt. Auch dieses Signal sollten wir in den kommenden Jahren gemeinsam und deutlich senden.

Vielen Dank.

Nelly Waldeck

Sprecherin für Mobilität, Klimaschutz, Schifffahrt, Digitales, Netzpolitik, Soziales, Jugend und Antidiskriminierung