Lokalradios bereichern unsere Medienlandschaft

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 11 – Nichtkommerzielle Lokalradios fördern

Dazu sagt der medienpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,

Jan Kürschner:

Sehr geehrte Abgeordnete,

sehr geehrte Frau Präsidentin,

„Hier ist Berlin, Voxhaus“. Mit diesem Satz begann vor fast 100 Jahren am 29.10.1923 das Radioprogramm in Deutschland. Das Radio bietet als Medium einen großen Vorteil: Man kann beim Hören die Augen schließen. Und nichts anderes möchte man im Angesicht manch aktueller Nachrichten. Die Setzung des Themas hat jetzt leider etwas von „und jetzt zum Sport“.

Trotzdem: Die beiden nichtkommerziellen Lokalradios erfüllen in Flensburg und Neumünster eine wichtige Funktion: als Bürger*innenmedien können sie den Zugang für Menschen zur Öffentlichkeit ermöglichen. Alle Menschen aus der Region, die Interesse daran haben, freies Radio zu machen, sollen mitmachen können. Sie schaffen damit ein niedrigschwelliges Angebot.

Neben dem Offenen Kanal fördern sie so die Medienkompetenz und dienen dazu, Themen von Interessengruppen in die Öffentlichkeit zu bringen, die in den klassischen Medien wenig Raum haben. Sie können damit das Angebot an lokaler Berichterstattung erweitern und zur Vielfaltssteigerung beitragen. Das ist notwendig.

Im Bericht zur Situation der Medienlandschaft in Schleswig-Holstein ist dargestellt, dass es um die Vielfalt in der schleswig-holsteinischen Medienlandschaft nicht gut bestellt ist. Und dass eine vielfältige lokale Medienlandschaft gegen die gesellschaftliche Polarisierung wirkt, hören wir vor allem aus den USA, wo der Aufstieg Trumps möglicherweise auch mit der Medienlandschaft zu tun hatte, in der wichtige lokale Themen überhaupt keine Rolle spielen.

Das Kurzgutachten macht noch einmal deutlich, wie die beiden Radios aufgestellt sind und wie sie sich in der Medienlandschaft verorten. Besonders zu begrüßen sind die Mitarbeit von Migrant*innen und Obdachlosen, die in den herkömmlichen Medien meist nicht selbst zu Wort kommen. Durch mehrsprachige Angebote fördern sie den interkulturellen Dialog. Das ist ein ehrenamtliches Engagement, das ich sehr begrüße.

Nun wird im SSW-Antrag gefordert, dass beiden Radios adäquate Mittel zur Finanzierung zur Verfügung gestellt werden. Es ist aber nicht so, als ob Radio Fratz und Radio Neumünster überhaupt keine Förderung erhalten würden. Beide Radios haben eine Anschubfinanzierung für die Studioeinrichtung über die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein erhalten. Aus besonderen Mitteln des Rundfunkbeitrags werden auch die Kosten für die UKW-Verbreitung, die GEMA-Gebühren sowie notwendige technische Infrastruktur finanziert.

Die beiden Radios erhalten somit jeweils zirka 40.000 Euro Förderung im Jahr. Im Gutachten wird dargestellt, dass dies für die dauerhafte Finanzierung nicht ausreichen würde. Es wird insbesondere die Förderung von Personalstellen gefordert. Aber nicht, wie im Antrag des SSW formuliert, nämlich dass die Landesregierung diese Mittel zur Verfügung stellen soll, sondern es soll eine staatsferne Förderstruktur etabliert werden – damit einerseits die Meinungsbildung unabhängig erfolgen würde und weil diese Förderstruktur auch verfassungsrechtlich geboten sei, so wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch. Die staatsferne Vergabe von Rundfunkbeiträgen durch die Landesmedienanstalt sei hier der richtige Weg.

Die Richtlinie der Medienanstalt zur Förderung der Lokalradios gibt allerdings vor, dass nur die Kosten für den terrestrischen Sendebetrieb und die Entgelte der Verwertungsgesellschaften erstattet werden können. Außerdem schreibt die Medienanstalt in ihrem letzten Jahresbericht, dass auch im Jahr 2022 die Einnahmen zu gering gewesen seien, um den vielfältigen Aufgaben auf Dauer gerecht werden zu können.

Das Gutachten zeigt zwar auf, wie die nicht-kommerziellen Radios gefördert werden könnten, aber nicht, woher die Mittel dafür kommen könnten. Folgt man dem Gutachten, müsste die Medienanstalt besser ausgestattet werden. Dafür müsste die Rundfunkgebühr erhöht werden und/oder ein höherer Anteil aus dem Rundfunkbeitrag für die Medienanstalt zur Verfügung stehen.

Das ist derzeit aber nicht absehbar und unterliegt der Entscheidung der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten. Wir haben im schwarz-grünen Koalitionsvertrag verabredet, dass wir die Lokalradios unterstützen wollen mit dem Ziel, eine staatsferne Förderstruktur zu schaffen. Wir werden nach Wegen suchen, um ein verfassungskonformes Fördersystem zu entwickeln, das die Lokalradios langfristig sichert. Den Antrag müssen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings ablehnen.

Vielen Dank!

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data