Nichts ist gewöhnlich an diesem Haushalt

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 6 + 7 + 45 – Haushaltsberatungen 2024

Dazu sagt der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter :

Sehr geehrte Damen und Herren,

nichts ist gewöhnlich an diesem Haushalt. Das beginnt schon am heutigen Kalendertag. Das erneut verzögerte Haushaltsverfahren ist der allgemeinen Lage in der wir uns befinden geschuldet, aber selbstverständlich erneut eine große Herausforderung. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die konstruktive Herangehensweise, diesen Haushaltsentwurf auf diese Art und Weise trotzdem zuverlässig zu bearbeiten.

Dazu kommen immer neue globale Krisen mit regionalen Auswirkungen und eine zunehmend angespannte Stimmung im Land. Sicherlich ist nicht alles, was wir heute sehen, neu. Demonstrationen gegen rechts sind wichtig, aber natürlich hat es die auch früher schon gegeben. Bauernproteste sind nachvollziehbar, hat es aber ebenso in der Vergangenheit – wie etwa 2019 – bereits gegeben. Und auch so mancher „Ampel muss weg!“-Ruf ähnelt in der Stimmfarbe doch sehr den „Merkel muss weg!“-Chören. Und trotzdem spüren wir alle, dass es sich gerade zuspitzt. Und in dieser Gesamtlage war es Aufgabe dieser Koalition, einen Kürzungshaushalt vorzulegen.

Aber warum? Ein paar Worte zum finanziellen Rahmen dieses Haushaltsentwurfes: Die bereinigten Einnahmen betragen rund 16 Milliarden Euro und die bereinigten Ausgaben belaufen sich auf 16,9 Milliarden Euro. Wir sehen ein Finanzierungsdelta von 886,9 Millionen Euro, wovon 111,9 Millionen Euro aus Rücklagen und 775,1 Millionen Euro aus Krediten finanziert werden. Davon 643,6 Millionen Euro aus Notkrediten. Das werden Sie noch häufiger hören, zumindest von der FDP.

Aber damit die FDP auch Grund zur guten Laune hat: Mit diesem Haushalt wird Schleswig-Holstein die erste Tilgungsrate für die seit Beginn der Corona-Pandemie aufgenommenen Notkredite zahlen. 30 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Zum finanziellen Rahmen gehören natürlich auch die Personalausgaben. In diesem Jahr werden die Planstellen um 545 steigen. Davon 419 Lehrkräfte, 48 Anstellungen in der Justiz, 33 in Landesunterkünften und 45 in sonstigen Aufgabenbereichen. Nach all dem ergibt sich eine Lücke im Haushalt von rund 500 Millionen Euro.

Dieser Lücke begegnet der Haushaltsentwurf mit unterschiedlichen Maßnahmen. Das trifft beispielsweise die Zuführungen an unser Sondervermögen IMPULS und den Versorgungsfonds. Und es trifft die Haushalte aller Ministerien. Das ist eine gewaltige Aufgabe.

Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches zu den Konsolidierungsbeiträgen der unterschiedlichen Ressorts sagen: Die beiden größten Haushalte sind die des Bildungs- und des Sozialministeriums. Sie leisten in der Konsolidierung auch den größten Beitrag. Ich halte es aber für richtig, dass der Regierungsentwurf des Haushaltes allerdings vorsieht, dass Bildung und Soziales gemessen an der Größe ihrer Haushalte einen deutlich geringeren Beitrag leisten müssen als andere Ministerien. Das zeigt auch, wie sehr die Koalition versucht, unverhältnismäßige Härten zu vermeiden und es zeigt den Stellenwert von Bildung und Soziales in Schwarz-Grün. Das bedeutet aber auch, dass andere Ministerien dies ausgleichen müssen. Das ist nur schwer zu leisten. Ich bedanke mich beim gesamten Kabinett für diese konstruktive und verantwortungsbewusste Herangehensweise.

Wer die Haushalte beispielsweise vom Ministerium für Gesundheit und Justiz mal genau anschaut, wird feststellen: Da ist nicht viel Luft. Es ist immer leicht, nach Konsolidierung und Sparsamkeit zu rufen, aber wenn es Konkret wird, wird es schwierig.

Darüber hinaus schlagen fast alle Ministerien Kürzungen in ihren unmittelbaren Häusern vor. Auch um Verbände und Strukturen zu schützen. Auch für diese Sparsamkeit, die sicherlich nicht einfach ist, möchte ich mich bedanken.

Und mir ist klar, dass all das der Opposition nicht reichen wird. Ganz besonders nicht der FDP. Aber wenn Sie, Frau Kollegin Krämer, nun die angeblich fehlende Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre kritisieren, möchte ich Sie gerne nochmal daran erinnern, dass Sie von den vergangenen sechs Haushalten ganze fünf mitverantwortet haben. Aber dieser absurden Logik folgend behandeln wir in dieser Landtagssitzung ja noch diverse Anträge, die nur sagen, wo nicht gekürzt werden soll. Es wird immer unglaubwürdiger. Ich kann es nicht ernst nehmen, wenn die Opposition weiterhin fordert, dass diese Koalition weniger Geld ausgeben soll, aber bitte, ohne zu kürzen.

Neben den Kürzungen ist aber auch wichtig zu erinnern, wofür der Haushaltsentwurf Ausgaben vorsieht. Hier ein paar Beispiele: Die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie soll mit weiteren 2,8 Millionen Euro finanziert werden und steigt so auf 9,6 Millionen Euro. Für die Entwicklung von Konzepten und Pilotprojekten bei der Niederungsstrategie sind 400.000 Euro vorgesehen. Bei der Wasserstoffstrategie geht es mit 38 Millionen Euro voran. Neue Streifenboote der Wasserschutzpolizei sollen mit 3,8 Millionen Euro angeschafft werden. Und auch der Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft“ ist abgesichert und soll wie geplant in 2024 abgeschlossen werden, was gerade in diesen Tagen besonders wichtig ist. Und über die Nachschiebeliste ist bereits die Ausfinanzierung der zweiten Einsatzhundertschaft mit 33 weiteren Nachwuchsstellen angekündigt.

Trotz aller Herausforderungen kommt das Land weiter voran. Denn es gibt auch Grund zur Zuversicht. Beispielsweise bei der Windenergie. Deutschlandweit steigt die installierte Leistung von Windkraft an Land um 3.579 MW. Das sind 50 Prozent mehr als in 2022. Von diesen 3.579 MW sind 1.216 MW – also 33 Prozent – in Schleswig-Holstein entstanden. Je dritte zusätzliche Kilowattstunde kommt aus dem echten Norden und das ist eine richtig gute Nachricht.

Das fand auch Northvolt, deswegen ist es umso wichtiger, dass vorgestern auch der letzte Schritt geschafft wurde und es nun losgehen kann. Mit Northvolt findet die wichtigste Industrieansiedelung der letzten Jahrzehnte statt. Und damit senden wir genau das richtige Signal für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein.

Schon heute haben wir unsere Ziele für die Förderung von sozialem Wohnraum in 2024 erreicht. Endlich schaffen wir es, das Geld in die wirksame Umsetzung zu bringen. Deswegen sollten wir auch weitere 100 Millionen Euro zur Förderung ermöglichen, um das Momentum des Marktes und unsere guten Förderinstrumente zu nutzen. So schaffen wir mehr gut bezahlte Jobs im Land und bauen gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum aus.

Ja, nichts ist gewöhnlich an diesem Haushalt. Ebenso ist nichts gewöhnlich an diesen Zeiten. Aber es gibt keinen Grund zum Verzagen und reichlich Anlass für Zuversicht. Wir kriegen das hin, geschlossen und entschlossen!

Vielen Dank!