Aus den Erkenntnissen über die Gefährlichkeit von PFAS Konsequenzen ziehen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 10 – Gesundheit schützen – nationaler Aktions- und Handlungsplan gegen PFAS

Dazu sagt der verbraucherschutzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Dirk Kock-Rohwer:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Abgeordnete,

mit der Europäischen Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, kurz REACH-Verordnung, haben wir ein einheitliches und vergleichsweise strenges Chemikalienrecht zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit.

Einerseits war das bei ihrer Einführung im Jahr 2007 ein enormer Fortschritt, andererseits ist die Aufgabe gigantisch. In Europa werden mehrere zehntausend Chemikalien gehandelt. Darunter viele, die lange Zeit unter dem Radar der Kontrollbehörden geflogen sind, weil sie nicht hochgiftig sind, sich aber in der Umwelt anreichern und dadurch eine schleichende Gefahr darstellen.

Dies trifft für die Stoffgruppe der PFAS zu. Die Abkürzung steht für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Aufgrund ihrer Wasser-, Fett-, und Schmutzabweisenden Eigenheiten finden sie zahlreich Verwendung, auch in Alltagsgegenständen wie Bratpfannen, Coffee-to-go-Bechern und Outdoor-Kleidung.

Sie werden wegen ihrer hohen Beständigkeit zu den so genannten Ewigkeitschemikalien gerechnet. Sie finden sich in Böden, in Gewässern und in Lebensmitteln wieder und sind auch im menschlichen Blut nachweisbar. Erst seit kurzem, nämlich seit Anfang des Jahres, gelten EU-weit rechtsverbindliche Höchstgehalte für bestimmte PFAS in Fisch und Fischereierzeugnissen, Krebstieren und Muscheln, Fleisch, einschließlich Wild, Eiern und daraus hergestellten Erzeugnissen.

Wir erinnern uns sicher alle an den Skandal mit den durch zu hohen PFAS-Gehalt belasteten Eiern in Dänemark, von Hühnern, die mit Fischmehlzusätzen gefüttert wurden.

Es ist höchste Zeit, aus den allmählich in den letzten Jahren gewachsenen Erkenntnissen über die Gefährlichkeit dieser Stoffe Konsequenzen zu ziehen. Deshalb begrüßen wir die Initiative des Bundes, gemeinsam mit Dänemark, Schweden, Norwegen und den Niederlanden die Herstellung und die Nutzung von PFAS-Chemikalien in der EU weitgehend zu beschränken.

Warum nur beschränken und nicht ganz verbieten, kann man sich fragen. Chemikalienrechtliche Verbote im Rahmen der REACH-Verordnung erfolgen grundsätzlich als sogenannte Beschränkungen. Das angestoßene Beschränkungsverfahren hat ein allumfassendes Verbot von PFAS zum Ziel. Die Verordnung sieht hierfür ein komplexes Verfahren vor. Dabei werden Unternehmen und die Öffentlichkeit beteiligt.

Die Stoffgruppe der PFAS ist riesig. Sie umfasst tausende von Einzelverbindungen, deren Verwendung sehr vielfältig sind. Einige sind essenzieller Bestandteil zum Beispiel von spezieller Schutzkleidung oder Medizinprodukten und nur mittelfristig substituierbar. Unsere Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit den genannten Staaten dafür ein, dass für die verbleibenden Anwendungen zügig Alternativen entwickelt werden.

Darüber hinaus sehen wir die Bundesregierung in der Pflicht, unterstützende Maßnahmen auf nationaler Ebene zu treffen, um das Monitoring zu verbessern und die Gefahren für die menschliche Gesundheit zu minimieren. Und auch die Landesregierung muss im Rahmen ihrer Zuständigkeiten das Ihrige dazu beitragen.

Ein wichtiger Schritt wurde bereits Ende März im Bundesrat vollzogen: die Änderung der Trinkwasserverordnung, mit der ein Grenzwert und damit verpflichtende Messungen für PFAS ab 2026 eingeführt wurden. Kritik gibt es sowohl an dieser Zeitschiene als auch an der Höhe des Grenzwertes. Ich kann das nachvollziehen.

Schneller ist immer besser, am besten wäre sofort und ein Grenzwert von 0,0. Allerdings muss es auch machbar sein für die Wasserversorger. Sie benötigen Zeit für die Umsetzung. In Gebieten mit hoher Belastung kann der Einbau von Aktivkohlefiltern erforderlich sein.

Einige PFAS wurden bereits in der Vergangenheit verboten und in der Folge durch andere Verbindungen ersetzt, die ebenfalls zur Stoffgruppe der PFAS gehören. Die Erkenntnis, dass damit nichts gewonnen ist und die gesamte Stoffgruppe aus Umweltsicht problematisch ist, hat sich leider erst in den letzten Jahren langsam durchgesetzt.

Das erscheint mir symptomatisch für unseren leider nach wie vor allzu sorglosen Umgang mit der Natur, der uns am Ende selbst trifft. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Problematik mit Pflanzenschutzmittelrückständen in privaten Trinkwasserbrunnen hinweisen. Auch dies ist ein unhaltbarer Zustand.

Vielen Dank.

Dirk Kock-Rohwer

Sprecher für Landwirtschaft, Forsten, Tierschutz, Katastrophenschutz, Bundeswehr, Verbraucher*innenschutz, Niederdeutsch