Pyrotechnik-Antrag: Genauso neu wie das Zulassen von Trikotwerbung

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 24 – Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen: Pilotprojekt zur kontrollierten Anwendungen im Stadion

Dazu sagt der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,

Jan Kürschner:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleg*innen,

wie schön, ich darf nach der EM zu Fußball und Entkriminalisierung sprechen, großartige Themen für mich als Fußballfan. Nur wundert es mich, dass Sie den Antrag nicht noch als dringlich bezeichnen, wie das Ihre Kolleg*innen aus der Bremischen Bürgerschaft beim gleichlautenden Antrag gemacht haben.

Einige Punkte im Antrag führen in meinen Augen in die Irre. So hatte die Stadt München, wohl im Januar bereits an die UEFA appelliert, keine Pyrotechnik zur Eröffnungsfeier einzusetzen und dabei. Ich zitiere, „insbesondere auf die fragwürdige Signalwirkung Richtung Fans verwiesen, deren nicht genehmigter Pyro-Einsatz regelmäßig zu konkreten Gefährdungen und Verletzungen führt“, Zitat Ende. Das ist etwas anderes, als Sie in Ihrem Antrag suggerieren, die Stadt konnte die Veranstaltung nicht nur untersagen, erneutes Zitat, „solange die Produkte zertifiziert sind, durch zertifiziertes Personal eingesetzt werden und hiervon keine Gefährdungen ausgehen“. Aber sei es drum, DFB und UEFA untersagen erst Pyrotechnik in Stadien – und die eigene Pyrotechnik-Show zur Eröffnungsfeier hätte die UEFA selbst eigentlich 130.000 Euro Strafe gekostet nach dem Strafenkatalog des DFB. Nun lassen Sie also in Ihrem Antrag Ihren Emotionen freien Lauf, wie es im musikalischen Sommerhit weiter heißt, leider auf Kosten des Verstandes, wie ich finde.

Ich deutete es schon an: Seit vielen Jahren gibt es in allen Landesparlamenten, von nahezu allen Fraktionen, immer und immer wieder Anträge zu diesem Thema, mehr oder minder medial zeitlich klug vor oder nach großen Turnieren oder der Sommerpause gesetzt. 2012 forderte ein Dortmund-Fan namens Christian Lindner im Landtag in Nordrhein-Westphalen noch, Polizeispürhunde speziell zu schulen, um Pyrotechnik zu erschnüffeln. 2017 eröffnete ein Osnabrück-Fan namens Boris Pistorius eine Debatte, Pyrotechnik in besonderen Stadionbereichen eingeschränkt zu nutzen.

Der Respekt vor der Bronzenadel des FC St. Pauli verwehrt mir weitere Ausführungen. Nun zur Forderung, Planung und Evaluierung von sechs Pilotaktionen wissenschaftlich begleiten zu lassen. Der Inhalt Ihres Antrags ist damit ungefähr genauso neu wie das Zulassen von Trikotwerbung der Bundesliga.

Liebe Sportfreund*innen, kein Wort zur ZIS (Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze) in Ihrem Antrag, kein Wort zur 49. Sportministerkonferenz aus dem April und den Beschlüssen dort, kein Wort aus den 32, ich betone 32 relevanten Studien zwischen 2007 bis 2023 zu diesen Themen, stattdessen die Forderung nach einer weiteren wissenschaftlichen Begleitung.

Ich verweise Sie an dieser Stelle einmal auf das Literaturreview über die Wirksamkeit der DFB-Sportgerichtsmaßnahmen aus dem Jahr 2023, die ISBN teile ich Ihnen gern mit: 978-3-7799-7268-8, Verlagsgruppe Beltz Juventa, „Mit Sicherheit am Ziel vorbei?“, Kemme et.al., dort gibt es bereits die Informationen, die Sie mit Ihrem Antrag erreichen wollen. Und um endlich zum Schluss hin zur Entkriminalisierung zu kommen: Cannabis, Pyrotechnik – wenn Sie als Nächstes auch noch dafür kämpfen und Ihren Parteikollegen Marco Buschmann motivieren können, endlich das Schwarzfahren aus dem StGB zu streichen, schenke ich Ihnen mein Holsteintrikot aus den Nuller Jahren. und dann können wir zusammen unseren Emotionen freien Lauf lassen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data