Unsere Gesundheitsversorgung besser und individueller gestalten.

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 16 – Ambulante Versorgung in Schleswig-Holstein sichern

Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen und Kollegen,

warum finde ich keine Hausarztpraxis in meiner Nähe und warum muss ich so lange auf einen Termin beim Facharzt oder der Fachärztin warten, während die Kosten für meine gesetzliche Krankenversicherung ständig steigen? Diese Fragen stellen sich aktuell fast alle Menschen, zumindest die, die gesetzlich versichert sind.

Die ehrliche Antwort auf diese Frage ist unbefriedigend, denn eigentlich hat die Politik die Versorgungssicherheit und damit die Antwort auf diese Fragen an die Kassenärztliche Vereinigung delegiert. Das war eine bewusste Entscheidung, Ärzt*innen sind also nicht beim Staat angestellt, sondern in einem selbstverwalteten System in der Selbstständigkeit.

Das hat viele Vorteile, die Ausfinanzierung des Gesundheitswesens ist nicht unmittelbar von der Haushaltslage des Staates abhängig und es garantiert die Freiheit der ärztlichen Berufsausführung.

Doch leider müssen wir zunehmend feststellen, dass eine „gesicherte Gesundheitsversorgung“ auf dem Papier und der tatsächliche Versorgungsbedarf teilweise stark divergieren, beispielsweise in der psychotherapeutischen Versorgung, in der sich in meinem Wahlkreis in Lübeck laut KV SH ein Versorgungsgrad von 110 Prozent vorfindet. Bei durchschnittlichen Wartezeiten von sechs bis neun Monaten passt dieser scheinbare Versorgungsbedarf allerdings keineswegs zu dem tatsächlichen. Wir müssen also grundsätzlich über den ambulanten Bereich sprechen, auch wenn diese Aufgabe vom Staat delegiert wurde.

Das Problem der Überversorgung in städtischen und der Unterversorgung in ländlichen Regionen ist ein großes Hindernis für gleichwertige Lebensverhältnisse in Schleswig-Holstein. Deshalb müssen wir bereits in der medizinischen Ausbildung über die Lehre Anreize schaffen, um junge Menschen in Schleswig-Holstein in die Selbstständigkeit und in unterversorgte Regionen zu bringen. Hier finden schon sehr viele Programme über Famulaturen und das Kompetenzzentrum Weiterbildung in der Allgemeinmedizin und Pädiatrie statt. Außerdem gibt es Niederlassungsprämien für unterversorgte Regionen. Diese Maßnahmen führen dazu, dass Schleswig-Holstein momentan die höchste Wiederbesetzungsquote und niedrigste Anzahl freier Kassensitze pro Einwohner*in von allen Bundesländern hat. Dies sind gute Nachrichten, allerdings dürfen wir uns darauf nicht ausruhen.

Außerdem müssen wir die Ressource ärztliches Personal unbedingt schonen. Ärztliche Tätigkeiten müssen einfacher delegiert und häufiger durch digitale und telemedizinische Angebote ersetzen. Wir brauchen den Grundsatz digital vor ambulant vor stationär, weil wir nämlich die im internationalen Vergleich höchste Ärzt*innendichte pro Einwohner*in nicht werden halten können. Dafür müssen Alternativen geschaffen werden.

Dennoch müssen wir auch eine bessere, intelligentere Patient*innensteuerung als Priorität sehen. Denn bei knapp zehn Arzt-Patienten-Kontakten pro Jahr ist Deutschland weit über dem internationalen Durchschnitt. Notdienstpraxen und Notaufnahmen sind überfüllt, auch weil die Gesundheitskompetenz und die Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem zurecht zu finden, zu gering sind.

Wir werden deshalb weiterhin intensiv an all diesen Stellschrauben drehen, um unsere Gesundheitsversorgung besser und individueller zu gestalten.

Vielen Dank!

Jasper Balke

Sprecher für Gesundheit, Pflege, Ehrenamt, Sport, Gesundheitswissenschaften, Medizinische Forschung und Lehre