WiPo-Unterricht ist ein Schlüssel zur Eindämmung von Extremismus und Verschwörungserzählungen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 10 – Politische und wirtschaftliche Bildung in den Schulen stärken

Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die politische und ökonomische Bildung an Schulen hat eine herausragende Bedeutung. In Zeiten von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Verbreitung von Fake News, der rasanten Entwicklung von KI und Verschwörungserzählungen müssen Schüler*innen dazu befähigt werden, sich kritisch mit unterschiedlichen Positionen auseinanderzusetzen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können.

Wir Grüne betrachten die politische Bildung als festen Bestandteil im Prozess des lebenslangen Lernens und haben uns deshalb im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass wir dem Fach WiPo auch mehr Raum geben wollen. Schüler*innen werden durch die Auseinandersetzung mit Kernproblemen des sozio-kulturellen Lebens in die Lage versetzt, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf andere Menschen, auf künftige Generationen, auf die Umwelt oder das Leben in anderen Kulturen auswirkt.

Dafür benötigt es jedoch auch ausgebildeter Lehrkräfte. Der WiPo-Unterricht ist gerade fernab von den Gymnasien immer noch ein Fach, welches vermehrt fachfremd unterrichtet wird. Aufgrund der herausragenden Bedeutung der politischen Bildung für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land muss in Zukunft eine Stärkung des Politiklehramtes dringend angegangen werden.

Zum FDP-Antrag: Ich befürworte den ersten Absatz Ihres Antrages sehr. Ich denke, dass WiPo ab der fünften Klasse eine Lücke in der Bildung schließen würde. Ich will das kurz begründen. Ich selbst habe mich lang und breit in meinem Studium mit der Frage beschäftigt, wie Verschwörungserzählungen eingedämmt werden können. Eine zentrale Hypothese von Wissenschaftler*innen ist, dass mehr sozialwissenschaftlicher Unterricht zu einer verstärkten Resilienz führen könnte. Ich komme in meiner eigenen Masterarbeit zu genau dem gleichen Schluss. Je früher ökonomische und politische Bildung stattfindet, desto besser ist die Resilienz gegenüber extremistischen Tendenzen. Und das ist alles andere als eine banale Erkenntnis.

Haben Sie schon mal versucht, Verwandte, die an eine Verschwörungserzählung glauben, zu überzeugen? Haben Sie schon mal mit jemanden geredet, der daran glaubt, dass die Welt flach ist? Oder der an „die jüdische Weltverschwörung“ glaubt? Diese Menschen lassen sich nicht so einfach überzeugen. Wenn ich glaube, dass der Staat verbrechen begeht, dann lasse ich mich nicht einfach von dem Gegenteil überzeugen. Und deshalb sind präventive Maßnahmen so relevant. Und die beste präventive Maßnahme, die ich in Schleswig-Holstein kenne, ist eben politisch-ökonomische Bildung.

Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass früherer WiPo-Unterricht ein Schlüssel ist, um extremistischen Tendenzen und Verschwörungserzählungen entgegenzuwirken. Klar ist aber auch, dass die finanziellen Mittel für so ein Vorhaben nicht auf der Straße liegen. Auch wir möchten die Schulen noch stärker dabei unterstützen, eine nachhaltige Demokratiebildung und verstärkte politische Bildung gewährleisten zu können. Schüler*innen muss so früh wie möglich die Möglichkeit der Mitgestaltung in einer demokratischen Gesellschaft nahegebracht werden.

Deshalb wollen wir den Bereich Wirtschaft und Politik in der Schule intensiv stärken und sicherstellen, dass Schüler*innen in der Sekundarstufe 1 an allen Schularten ab Klasse 7 in diesen Fachinhalten Unterricht bekommen. Außerdem wollen wir die Kontingentstundentafel auf den Prüfstand stellen und anpassen, um den Schulen mehr Freiräume bei der Umsetzung innovativer Konzepte zu geben und Bereiche wie informatische Bildung, WiPo, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und Verbraucher*innenbildung zu stärken.

Eine Maßnahme ist auch, dass durch die Experimentierklausel neue Möglichkeiten eröffnet werden können, um die politische und ökonomische Bildung an Schulen zu stärken. Durch vielfältige Formate können wir die Qualität der politischen Bildung in und außerhalb der Schule maßgeblich verbessern und werden diese Arbeit weiterhin unterstützen.

Bevor ich zum Schluss komme: Ich bin der Überzeugung, dass wir eine gesellschaftliche und pädagogische Debatte darüber brauchen, welche und inwiefern Fächer im 21. Jahrhundert noch den allgemeinen Bildungszielen der Schule entsprechen. Wir haben viele Ideen und fügen immer neue Fächer hinzu. Jedoch sind wir uns alle bewusst, dass die Realität nicht in Fächern funktioniert und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vermehrt fächerübergreifende und verknüpfende Kompetenzen erfordert. Darüber und über die Frage, wie wir mit all den Zusatzaufgaben Lehrkräfte entlasten können, sodass sie sich wieder ihrer Kernaufgabe, dem Unterrichten, widmen können, wäre eine Diskussion wünschenswert.

Vielen Dank!

Malte Krüger

Sprecher für Schule, Hochschule, Wissenschaft, berufliche und politische Bildung