Wir brauchen eine grundsätzliche Reform des Pflegesystems

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 22 – Schonvermögen bei Pflegewohngeld erhöhen

Dazu sagt der pflegepolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleg*innen,

das Thema Pflege ist allgegenwärtig, die steigenden Eigenanteile in der stationären Pflege sind bundesweit ein großes Problem und auch pflegende Angehörige brauchen vermehrt Unterstützung, um weiter die Betreuung und Pflege ihrer Angehörigen im häuslichen Umfeld erledigen zu können.

Heute geht es aber um ein sehr konkretes Thema, das viele Menschen im Pflegekontext betrifft und bewegt. Das Schonvermögen bei der Beantragung von Sozialhilfe und Pflegewohngeld. Es geht um die Frage, wie wir Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, unterstützen können, ohne dass sie wirklich ihre letzten Ersparnisse aufbrauchen müssen. Ein höheres Schonvermögen ist dabei ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung.

Das aktuelle Schonvermögen liegt beim Pflegewohngeld bei 6900 Euro, in der Sozialhilfe, der Hilfe zur Pflege, wurde dies zu Beginn des Jahres 2023 auf 10000 Euro verdoppelt. Es ist deshalb nur logisch, dass auch wir unsere landeseigene Leistung, die wir aufgrund der Verpflichtung zur Investitionskostenübernahme im Land übernehmen, beim Schonvermögen anpassen.

Das hat im Wesentlichen drei Gründe: Erstens, auch beim Einkommen gilt das Abstandsgebot, beim Vermögen sollte es deshalb nicht ignoriert werden. Hintergrund des Abstandsgebots ist ja der Gedanke, dass eine Leistung wie das Pflegewohngeld erbracht wird, um eine nachrangige Leistung, die Hilfe zur Pflege, zu verhindern. Dies würde aber wiederum bedeuten, dass der ursprüngliche Abstand von 5000 auf 6900 Euro beim früher geltenden Schonvermögen weiterhin greifen müsste und eine Erhöhung auf 10000 Euro zu gering sein könnte. Über die Details würden wir gerne noch einmal abschließend im Ausschuss sprechen, denn die grundsätzliche Erhöhung und Anpassung des Schonvermögens ist ja absolut richtig.

Denn Zweitens, je höher das Schonvermögen, desto mehr finanzielle Möglichkeiten haben die Menschen in der stationären Pflege, um Besorgungen zu machen, ihr Umfeld zu gestalten und vieles mehr. Das ist auch nur mehr als richtig und das ist ja auch ein Argument für die ursprüngliche Erhöhung des Schonvermögens in der Sozialhilfe gewesen, dem sollten wir deshalb als Land nun auch noch folgen.

Und Drittens, weil das wieder einmal ein konkretes Beispiel dafür ist, dass wir ja eigentlich alle in Richtung eines anderen Systems gehen wollen. Ein niedriges Schonvermögen bedeutet, dass Menschen, die den Bedarf nach stationärer Pflege haben und sich die immer höher werdenden Eigenanteile offensichtlich nicht leisten können, ihr angespartes Vermögen, ihren Puffer fürs Alter beinahe komplett ausgeben müssen, ehe sie staatliche Unterstützung bekommen. Das ist für viele Menschen auch psychisch belastend, denn das Gefühl der finanziellen Sicherheit wird ihnen gänzlich genommen.

Doch, und da kommt wieder ein bisschen Fundamentalkritik, dies müsste eigentlich gar nicht der Fall sein. Denn momentan tragen wir alle mit unseren Steuern dazu bei, dass pflegebedürftigen Menschen geholfen wird. Das ist per se nicht verwerflich, wir haben ja schließlich auch ein Solidarsystem im Gesundheitswesen. Doch spätestens die Existenz einer Pflegeversicherung sollte uns doch zu denken geben, ob das aktuelle System so noch sinnvoll ist.

Lassen Sie uns gemeinsam weiterhin für eine grundsätzliche Reform des Pflegesystems eintreten und im Ausschuss darüber sprechen, wie wir konkret beim Thema Schonvermögen bei unserem Pflegewohngeld zu Entlastung beitragen können. Ich freue mich auf die Beratungen und danke für die Aufmerksamkeit!

Vielen Dank!

Jasper Balke

Sprecher für Gesundheit, Pflege, Ehrenamt, Sport, Gesundheitswissenschaften, Medizinische Forschung und Lehre