Wir brauchen „Frau und Beruf“ als zentralen Baustein unserer Landesfachkräftestrategie

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 28 – Den Förderaufruf für die Beratungsstellen Frau & Beruf anhalten

Dazu sagt die frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,

Catharina Nies:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleg*innen,

die Erwerbsquote der Männer liegt weiterhin deutlich über der von Frauen (65 Prozent Männer zu 55 Prozent Frauen). Die Mehrheit der berufstätigen Frauen arbeitet in Teilzeit und mehr als 50 Prozent in geringfügiger Beschäftigung. Frauen haben viel eher als Männer sogenannte „brüchige Biografien“. Denn sie sind es immer noch überwiegend, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, wenn Kinder geboren werden oder Angehörige gepflegt werden müssen. Hier durch verringert sich nicht nur das Lebenserwerbseinkommen vieler Frauen – sondern es entsteht auch eine hohe Armutsgefährdung von Frauen im Alter. Diesen Zustand dürfen wir nicht hinnehmen. Wir müssen ihn ändern!

Und dafür brauchen wir die landesweit etablierten Beratungsstellen von „Frau und Beruf“. Die Fachkräftestrategie des Landes hat uns Frauen ein eigenes Handlungsfeld zugewiesen, weil wir einen hohen Anteil der sogenannten „Stillen Reserve“ ausmachen. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen, bedeutet nicht nur erwerbsfähige Frauen in die Berufstätigkeit zu bringen, es bedeutet auch Frauen aus prekärer Beschäftigung herauszuholen, die Teilzeitquote zu verringern, die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf zu verbessern und beispielsweise zum Thema Teilzeit-Ausbildung zu beraten.

Kurz: Frauen die Möglichkeit zu geben ihr berufliches Potenzial auch zu verwirklichen. Die Beratungsstellen von „Frau und Beruf“ tun genau das, und zwar erfolgreich seit über 30 Jahren. Und dafür gilt den Mitarbeiter*innen der Beratungsstellen ein großer Dank und viel Anerkennung für ihre wichtige Arbeit. Aus meiner Sicht ist es wesentlich für unseren Arbeitsmarkt, dieses Beratungsangebot planungssicher weiterzuführen. Denn es ist – neben der Existenzgründungsberatung des „Frauennetzwerks zur Arbeitssituation“ – das einzige Arbeitsmarktinstrument des Landes, dass sich explizit an den spezifischen Bedarfen und Herausforderungen von Frauenausrichtet.

Und worüber genau sprechen wir heute? Der aktuelle Förderzeitraum 2022-2024 läuft aus und das Wirtschaftsministerium entwickelt derzeit neue Förderkriterien für den Zeitraum ab 2025. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass hierbei die langjährigen Erfahrungen der Beratungsstellen zu den Bedarfen der Kundinnen einbezogen, werden: Viele Frauen schätzen die persönliche Beratung vor Ort und können aufgrund von Care-Verpflichtungen auch nur begrenzt lange Wege auf sich nehmen. Deshalb ist es wichtig ein dezentrales Angebot in ganz Schleswig-Holstein aufrecht zu erhalten. Und ich bin froh, dass das Wirtschaftsministerium von anfänglich 15 – also einem Beratungsort pro Kreis – nun auf 32 Beratungsorte in ganz Schleswig-Holstein hoch gegangen ist. Ich denke die hohe Qualität und der leichte Zugang zu der Beratung sind zwei Erfolgsfaktoren, die dem Programm nicht verloren gehen dürfen.

Ich bin auch froh, dass zugesagt wurde, dass das Programm mit gleicher Mittelhöhe 2025 – 2026 weiterlaufen soll. Auch das ist keineswegs selbstverständlich angesichts der aktuellen Haushaltslage. Das Land erbringt 50 Prozent der Kosten, 40 Prozent kommen von der EU und zehn Prozent sind Eigenmittel. Ich höre aber, dass die Bereitschaft vor Ort sehr hoch ist, die aufgrund von gleichbleibenden Projektzuschüssen ungedeckten Kostensteigerungen kommunal aufzufangen. Und ich finde das zeigt wie hoch der Wert der sehr persönlichen Einzelberatungen von „Frau und Beruf“ vor Ort für die Entwicklung des regionalen Arbeitsmarktes eingeschätzt wird. Bei der Weiterentwicklung des Programms und der Kriterien finde ich wichtig genau auf solche Aspekte zu schauen – was läuft gut und wo kann es weitere Optimierungen geben?

Stärken stärken, Schwächen schwächen – das muss das Ziel sein, um das Programm dauerhaft abzusichern und zukunftsfest aufzustellen. Und noch eines möchte ich zu bedenken geben: Ich habe mir die Beratungszahlen der letzten Jahre genau angeschaut und die im Kreis Pinneberg sind sehr gut und erfüllen die Vorgaben, Kreis Segeberg und Kreis Stormarn haben die Beratungsziele sogar übererfüllt. Die kleinen kreisbezogenen Regionen haben also in den letzten Jahren die besten Zahlen geschrieben und genau diese wären aber nun von der Zentralisierung von sieben auf vier Regionen betroffen. Ich weiß, dass das Argument ist das Risiko von längeren Vakanzen aufgrund von Krankheit oder Kündigung von Berater*innen zu minimieren und das kann ich gut verstehen – dennoch kann ich angesichts dieser guten Beratungszahlen auch gut verstehen, warum die Entscheidung des Landes genau in diesen drei Regionen umzustellen für Verwunderung sorgt.

Und deshalb: da noch nichts in Stein gemeißelt ist – empfehle ich noch einmal genau hinzuschauen und dort, wo die Beratung gut gelingt die Erfolgsfaktoren auch zu erhalten und unbedingt einen Weg zu finden, dass die derzeit sehr bewährten kleinen Trägerorganisationen sich auch weiterhin um die Ausschreibung bewerben können -Trägerkooperation also realistisch zu ermöglichen.

Und abschließend: Die Förderbedingungen sollten sich in erster Linie an den tatsächlichen Bedarfen der zu beratenden Frauen ausrichten. Ich wünsche mir, dass Landesregierung, Beraterinnen und Trägerinstitutionen den Weg der Neuausrichtung gemeinsam gehen – alle Seiten würden davon profitieren. Vor allem aber – die Frauen, die beraten werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Catharina Nies

Sprecherin für Migration, Flucht, Frauen, Gleichstellung, Familie, Kinder, Kita