Wir brauchen weitere Mittel, um Polizist*innen zu schützen und präventiv zu deeskalieren

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 5 – Entwurf eines Gesetzes zur Ermöglichung des Bodycam-Einsatzes in Wohnungen

Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Abgeordnete,

„Die Wohnung ist unverletzlich“. So lautet Artikel 13 Absatz 1 unseres Grundgesetzes. Das ist einer dieser großartigen, kurzen, tiefen, an stiller Würde und Klarheit nicht zu überbietenden Sätze unseres Grundgesetzes.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes betonten den Schutz der Wohnung, des Privaten mit einem eigenen Artikel. Dies taten sie mit der Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur ganz sicher aus gutem Grund.

Und wenn ich nun um Zustimmung zum Einsatz der Bodycams in Wohnungen, im Privatesten werbe, so tue ich das nicht, weil mir die Wohnung nicht mehr unverletzlich genug erscheint, nein, sondern, weil zu viel in Wohnungen geschieht und wir weitere Mittel brauchen, Polizist*innen zu schützen und präventiv zu deeskalieren, wobei es um Situationen geht, in denen sich die Polizei bereits berechtigterweise in einer Wohnung aufhält.

Zum Punkt: Wir wissen um das deeskalierende Potenzial, das der Einsatz der Bodycam hat. Wir wissen, dass gerade Einsätze der Polizei, die sie in Wohnungen führt, mitunter die gefährlichsten sind, die die Beamt*innen zu leisten haben. Wir kennen das Bundeslagebild des BKA zur Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamt*innen, die Anzahl der Fälle steigt. Wäre es nicht also geboten, gerade dort, wo Gefahr für Leib und Leben droht, zum Beispiel im Falle von eskalierender häuslicher Gewalt, zu der eine Polizeistreife gerufen wird, wäre es nicht gerade dort geboten, für ein Maximum an Sicherheit der Beamt*innen zu sorgen? Müssen wir an der Schwelle zum Privatesten die Bodycam ausschalten, obwohl man sich dort in einen Gefährdungsbereich begibt? Wir haben uns entschieden, diese Frage zu beantworten.

Meine Damen und Herren, wir haben das möglichst rechtsstaatlich aufgesetzt. Ich denke, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine gute, in Bezug auf die anderen Bundesländer, die sich gerade in ähnlichen Debatten befinden, sogar vorbildliche Lösung der Versöhnung von Artikel 13 GG und dem Schutzbedürfnis der Beamt*innen gefunden haben. Die Daten dürfen erst nach richterlicher Entscheidung weiterverarbeitet werden. Der Einsatz in Räumlichkeiten von Personen, die Zeugnisverweigerungsrechte haben, ist selbstverständlich ausgeschlossen.

Die Bild- und Tonaufnahmen sind auf Verlangen der betroffenen Person länger zu speichern, wenn diese eine Überprüfung der Maßnahme noch nicht innerhalb eines Monats beantragen kann.

Die Bodycams verfügen über eine ständig sich selbst überspielende Daueraufnahme, bis die Speicherung ausgelöst wird, das Pre-Recording. Dadurch gelangt eine bestimmte Zeit vor dem Auslösen auf die Aufnahme, um die Situation wiederzugeben, die zur Eskalation geführt hat. Dem ausführlichen Anhörungsverfahren im Innen- und Rechtsausschuss haben wir entnommen, die Zeit des Pre-Recordings auf zwei Minuten zu setzen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Eine Aufnahme mit Bodycams darf nicht erfolgen und ist zu unterbrechen, sobald es Anhaltspunkte dafür gibt, dass solche Aufnahmen den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen können.

Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data