Wir dürfen uns an solche Zahlen nicht gewöhnen!

Zur neusten Auswertung des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung, nach der in Schleswig-Holstein mehr als 55.000 Menschen aufgrund von Alkoholsucht in ärztlicher Behandlung waren, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke

Die aktuellen Zahlen zu Alkoholabhängigen in Schleswig-Holstein sind schockierend aber wenig überraschend. Wer schon einmal im Supermarkt, im Kiosk oder in einer Tankstelle einkaufen war, weiß, dass die letzten sichtbaren Produkte vor der Kasse zuckerhaltige Süßigkeiten (für Kinder) und hochprozentiger Alkohol in handlicher Form zum Mitnehmen sind. Die Verfügbarkeit und damit die Möglichkeit, Alkohol in jeder erdenklichen Form zu jeder Tages- und Nachtzeit zu erhalten, ist damit in Deutschland wesentlich höher als in anderen Ländern. Bereits ab 14 Jahren darf Alkohol in Begleitung von Erwachsenen konsumiert werden und je nach Alkoholgehalt ab 16 Jahren gekauft werden. Werbung, die gezielt alkoholische Getränke für ab 16-jährige anpreist, ist in Deutschland nicht verboten, sondern an der Tagesordnung. Und das obwohl Alkoholkonsum nicht nur als Einstiegsdroge gefährlich ist, sondern insbesondere für das wachsende, junge Gehirn erhebliche Folgeschäden auslösen kann.

Der deutsche Staat erlaubt und setzt damit wie in wenigen anderen Ländern Anreize, Alkohol zu kaufen und zu konsumieren. Der volkswirtschaftliche Schaden dadurch beläuft sich auf weit über 50 Milliarden Euro jährlich. Es muss deshalb oberste politische Priorität haben, diese Fehlanreize abzubauen, um individuelles Leid zu bekämpfen und finanzielle, sowie personelle Kapazitäten unseres Gesundheitssystems zu schonen. Orientierung dafür bieten wie so oft die skandinavischen Länder: Hier werden ab einer bestimmten Tageszeit die alkoholhaltigen Produkte in den Läden abgedeckt oder weggeräumt, um nicht mehr so gut sichtbar zu sein. Nach 22 Uhr ist Alkohol nicht mehr erhältlich. Solche einfachen Maßnahmen gepaart mit weiteren präventiven Angeboten können Leben retten und Kosten senken.

Wir dürfen uns insgesamt an solche Zahlen nicht gewöhnen. Es darf nicht sein, dass jemand, der keinen Alkohol trinkt, in der Deutschen Gesellschaft Außenseiter ist oder durch Gruppenzwang doch zumAlkoholkonsum animiert wird. Gesellschaft und Politik müssen hier für eine Kehrtwende sorgen.

Jasper Balke

Sprecher für Gesundheit, Pflege, Ehrenamt, Sport, Gesundheitswissenschaften, Medizinische Forschung und Lehre