Zukünftige Entwicklungen können nur eingeschränkt abgebildet werden

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 21 – Schriftlicher Bericht über die Tragfähigkeit der Landesfinanzen

Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Brandt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben in diesem Hause einen Konsens, Berichtsanträgen grundsätzlich zuzustimmen. Das ist guter demokratischer Stil im Umgang miteinander, wie er sich in Schleswig-Holstein etabliert hat.

In diesem Berichtsantrag geht es um die Tragfähigkeit der Landesfinanzen: Das ist kein gewöhnlicher Bericht, sowohl was Inhalt und Umfang betrifft als auch die Notwendigkeit, wissenschaftliche Expertise von außen heranzuziehen, weil viele Daten der Regierung selbst nicht vorliegen.

Mit einem Tragfähigkeitsbericht soll über die langfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen informiert werden, wir reden hier über einen Zeithorizont von bis zu 30 Jahren, und er soll als Frühwarnmechanismus für eine vorausschauende Finanzpolitik dienen.

Wichtige Parameter sind unter anderem Pensionsverpflichtungen, Zinskosten und zukünftige Investitionsbedarfe.

Das Finanzministerium legt derzeit bereits jedes Jahr eine zehnjährige Finanzplanung vor. Das ist überobligatorisch gegenüber der Verpflichtung von Bund und Ländern nach dem Stabilitätsgesetz, eine fünfjährige Finanzplanung zu führen.

Das heißt, wir verfügen bei uns schon über weitergehendende Planungsdaten als andere Haushaltsgesetzgeber.

Die Bundesregierung erstellt seit 2005 einmal pro Legislaturperiode einen solchen Tragfähigkeitsbericht für die öffentlichen Finanzen des Bundes. Andere Länder haben bislang keinen Tragfähigkeitsbericht. Lediglich in Schleswig-Holstein wurde die einmalige Erstellung eines Tragfähigkeitsberichts 2006 beantragt, seinerzeit ebenfalls von der FDP. Der Bericht wurde über zwei Jahre später vorgelegt.

Seitdem sind die Anforderungen an einen Tragfähigkeitsbericht weiter gewachsen, sei es durch die Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundenen Anforderungen an Klimaschutz und Klimaanpassung an die öffentlichen Finanzen, sei es dadurch, dass die immer kürzere Abfolge von exogenen Schocks und Krisenereignissen langfristig Einfluss auf die Haushaltsgestaltung hat, wie wir in den letzten Jahren erfahren mussten.

Aktuell hat der Landesrechnungshof für Schleswig-Holstein in dieser Legislaturperiode einen Tragfähigkeitsbericht vorgelegt. Ich möchte mich an dieser Stelle für den Impuls, den dieser Bericht gegeben hat, und die damit verbundene Arbeit bei Frau Dr. Schäfer und ihren Mitarbeiter*innen herzlich bedanken.

Auch dieser Bericht ist unter Hinzuziehung externer wissenschaftlicher Unterstützung entstanden und wurde vor fast genau einem Jahr im Finanzausschuss im Rahmen eines Fachgesprächs ausführlich beraten.

Der Umfang und die inhaltliche Tiefe dieses Berichts zeigen aber auch, dass so ein Tragfähigkeitsbericht erhebliche personelle und sachliche Ressourcen beansprucht. Zudem ist der Erkenntnisgewinn bei einer Langzeitprognose begrenzt, wenn man diese nach kurzer Zeit erneut anstellt.

Generell hat die Aussagekraft eines Tragfähigkeitsberichts Grenzen, da die zugrundeliegenden Analysen rückwärtsgewandt sind und zukünftige Entwicklungen eben nur eingeschränkt abbilden können.

Mit unserem Alternativantrag kommen wir somit dem Anliegen der FDP nach, aber nicht mehr in dieser, sondern erst ab der kommenden Legislaturperiode. Das ist aufgrund der von mir vorgetragenen Ausgangssituation folgerichtig.

Und es gibt uns zusätzlich die Gelegenheit, unseren Einfluss als Parlament geltend zu machen und im Finanzausschuss noch einmal ausführlich über die konkreten Anforderungen an einen solchen Bericht zu beraten.

Wir können aufbauend auf dem Berichtskonzept des Landesrechnungshofes untersuchen, wie Methoden des Bundes auf Schleswig-Holstein übertragbar sind, uns weitere Ansätze näher anschauen und uns eine Einschätzung aus der Wissenschaft einholen, um den Tragfähigkeitsbericht so zu konzipieren, dass er einen Mehrwert für die langfristige Prognose der Landesfinanzen beinhaltet.

Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Oliver Brandt

Sprecher für Haushalt, Finanzen, Metropolregion, Landespersonal