Adelsprivilegien gehören nicht ins 21. Jahrhundert

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 3 – Gesetz zur Auflösung des Forstgutbezirkes Sachsenwald

Die Rede hält in Vertretung für den finanzpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Oliver Brandt der Abgeordnete Jan Kürschner:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Abgeordnete,

ich spreche für unseren erkrankten Kollegen Oliver Brandt.

Die Geschichte, die wir heute abschließen, begann am 11. Oktober 2024 mit einem Bericht im ZDF über eine Jagdhütte im Sachsenwald im Herzogtum Lauenburg. Vielen Dank an „Frag den Staat für diese Recherche“. 21 Unternehmen haben diese Hütte benutzt, mit dem einzigen Zweck, Gewerbesteuer zu sparen. Und es gibt jemanden, der sich das fürstlich entlohnen ließ. Auf mich persönlich macht das den Eindruck von Steuerkriminalität.

Seit 1892 durfte der gemeindefreie Forstgutbezirk Sachsenwald vergleichbare Rechte wie Gemeinden wahrnehmen, ein Gutsvorsteher übernahm die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Ein Adelsprivileg aus dem 19. Jahrhundert gilt damit tatsächlich bis heute. Privilegien sind oftmals zäh, aber sicher nicht heilig. Ins 21. Jahrhundert gehört so etwas nicht.

Wenn wir gleich abgestimmt haben, ist damit Schluss. Wir nehmen damit endlich vor, was das Land Schleswig-Holstein lange versäumt hat: Die Eingemeindung der beiden gemeindefreien Gebiete Sachsenwald und Buchholz. Der bisherige Zustand war Grundlage für eine mindestens dreiste Steuervermeidungsstrategie und auch für eine demokratisch fragwürdige Verwendung von Steuereinnahmen in Höhe. Dieses historische Relikt wird zum 01. Januar 2026 Geschichte sein.

Der Weg hierhin war kein leichter. Bis Mai 2025 hatte sich die Landesregierung noch vorbildlich bemüht, eine freiwillige und einvernehmliche Lösung mit den angrenzenden Gemeinden zu finden, die gemeindefreien Gebiete aufzunehmen. Das ist zwar für Buchholz gelungen, aber nicht für den Sachsenwald. Wie schon 1990, scheiterte die Abschaffung des gemeindefreien Gebiets auch diesmal an einer fehlenden Einigung mit den betroffenen Gemeinden über eine freiwillige Gebietsübernahme. Deshalb war es richtig, dass wir nach dem Scheitern der freiwilligen Inkommunalisierung eine gesetzliche Lösung gesucht und gefunden haben. Dies ist auch in der Gemeindeordnung ausdrücklich vorgesehen, § 15 Abs. 1 Satz 1. Unsere Fraktion hatte es schon im November 2024 angekündigt.

Alternative Wege wurden geprüft, aber verworfen: Wie beispielsweise die Neugründung einer Gemeinde, hier kam die Landesregierung zu dem Schluss, dass die Aufteilung demgegenüber das mildere Mittel für die dort wohnenden Menschen darstellt. Oder eine Übertragung der Gewerbesteuerhoheit auf das Land, diese ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aufgrund der Ertragshoheit der Kommunen nicht möglich. Sonderregelungen im Gewerbesteuerrecht hätten wieder neue Probleme mit sich gebracht.

Weitere praktische oder rechtliche Bedenken wurden umfassend geprüft und durch das Innenministerium nach der Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss weitestgehend ausgeräumt. Es wurde dabei immer wieder der Austausch mit den betroffenen Kommunen gesucht. Ergebnis ist der Änderungsantrag, den wir heute im Plenum zur Abstimmung stellen. Damit sorgen wir für Rechtsklarheit bei den steuerlichen Fragen und stellen die Kommunen von Straßenbaulasten frei. Dies nimmt den Sachsenwald-Gemeinden Unsicherheiten, die uns von dort im Gesetzgebungsprozess übermittelt wurden.

Somit wird der Sachsenwald nun also aufgeteilt: Die Flurstücke werden zum Großteil der Gemeinde Aumühle sowie sieben weiteren Gemeinden angeschlossen. Das geht für diese Gemeinden nicht ganz ohne Lasten und Verwaltungsaufwand vonstatten. Auch wenn das Innenministerium den Kommunen auch nach Inkrafttreten des Gesetzes für die Beantwortung fachlicher Fragestellungen rund um die Inkommunalisierung zur Verfügung stehen wird, haben wir als regierungstragende Fraktionen daher über den Haushalt den am stärksten betroffenen Gemeinden insgesamt 120.000 Euro zur Unterstützung und Kompensation des Mehraufwands bereitgestellt.

Ich glaube, damit haben wir nun eine gute, rechtssichere und dauerhafte Lösung gefunden, die Fälle wie die „Steueroase Sachsenwald“ für die Zukunft unmöglich macht und für die Gebiete übernehmenden Gemeinden gut tragbar ist.

Vielen Dank!

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data