Der 23. Mai ist ein Tag des historischen Bruchs mit der NS-Diktatur

Heute (23.05.2025) jährt sich zum 80. Mal die Absetzung und Verhaftung der letzten nationalsozialistischen Regierung unter Karl Dönitz. Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner: 

Am 23. Mai 1945 wurde mit der Absetzung der sogenannten Flensburger Regierung durch alliierte Truppen das Ende des verbrecherischen NS-Staats endgültig besiegelt. Dieser Tag markiertnicht nur das formale Ende der nationalsozialistischen Herrschaft, sondern auch einen tiefgreifenden Einschnitt und Neubeginn: Deutschland konnte 1949 wiederum am 23. Mai aus den Trümmern der Diktatur einen Neuanfang mit der Verkündung unseres Grundgesetzes wagen. Das Datum war dabei mit Bedacht gewählt.

Doch der 23. Mai ist nicht nur ein Anlass zur Erinnerung und Mahnung – er ist auch zum Bezugspunkt extremistischer Geschichtsumdeutungen geworden. Exemplarisch zeigt sich dies amsogenannten „Reichstag zu Flensburg“, den der verurteilte Neonazi und Rechtsterrorist Manfred Roeder exakt 30 Jahre später, am 23. Mai 1975, einberief. Mit dieser symbolträchtigen Inszenierung wurde ein Grundstein für die Ideologie und Mythologie der heutigenReichsbürgerbewegung gelegt. Dieser ragt in die gesellschaftliche Realität des Jahres 2025 hinein.

Die bewusste Wahl dieses Datums war erneut kein Zufall. In der Logik der Reichsbürger steht der 23. Mai 1945 nicht für das Ende des NS-Regimes, sondern für den Beginn einer angeblichen fortgesetzten staatlichen Existenz des „Deutschen Reiches“. Dieses Geschichtsbild ist nicht nur falsch, sondern gefährlich – denn es dient als Legitimationsgrundlage für eine wachsende Szene, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung offen ablehnt.

Die Reichsbürgerbewegung ist längst kein harmloses Kuriosum mehr. Zahlreiche Untergruppen stehen im Verdacht, gewaltsame Umsturzpläne gegen die Bundesrepublik vorbereitet zu haben; gegen mehrere Mitglieder laufen derzeit Gerichtsverfahren wegen des dringenden Verdachts der Bildung terroristischer Vereinigungen, ein Schleswig-Holsteiner wurde bereits verurteilt. Auch in Schleswig-Holstein treten Anhänger*innen dieser Szene in Erscheinung – teilweise gewaltbereit, häufig antisemitisch, immer verfassungsfeindlich.

Am 23. Mai 1975 beim Reichstag zu Flensburg mit dabei war der schleswig-holsteinische Nationalsozialist Thies Christophersen, früher Aufseher in Ausschwitz, später Autor des Buches „Die Ausschwitz-Lüge“. Er betrieb jahrelang Buchläden in Kiel, zeitweise zusammen mit Dietmar Munier. Jener Dietmar Munier veranstaltet heute vom Kreis Plön aus mit seinem Verlag „Lesen & Schenken“ eine Dauerwerbeschleife für die AfD. Im vieldiskutierten Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD wird er deshalb namentlich erwähnt. Sein Verlag ist der reichweitenstärkste rechtsextremistische Verlag in ganz Deutschland.

Der 23. Mai ist ein Tag des historischen Bruchs mit der NS-Diktatur. Unsere Verantwortung ist es, diesen Tag nicht den Feinden der Demokratie zu überlassen.

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data