Die Verkehrswende im Güterverkehr gehört zu einer modernen Industriepolitik

Rede zu Protokoll gegeben!

TOP 12 – Güterverkehrskonzept für Schleswig-Holstein erstellen

Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

ohne Gütertransport funktioniert bei uns nichts. Wir brauchen Güterverkehr, für unsere Ernährung, die Energiewende, die Industrie – unseren Konsum. Er macht aber auch viele Probleme: Lärm, Schadstoffe, Unfälle und rund ein Drittel der Treibhausgase im Verkehr.

Dennoch wird es weiterhin viel Güterverkehr geben und für den gilt: Fossilen Sprit gibt es in Deutschland nur noch 15 bis maximal 20 Jahre. Das erfordert bei Pkw bereits eine herausfordernde Transformation, auch wenn eineinhalb Millionen E-Autos schon den Weg zeigen – aber bei Lkw ist das noch sehr viel schwieriger.

Und welcher Antrieb sich auch immer bei Lkw durchsetzen wird: Er wird immer deutlich weniger effizient sein als die Verlagerung auf Schiff oder Schiene. Jeder Lkw, der fährt und damit 4 bis 5 mal so viel Energie verbraucht wie selbiger Transport auf der Schiene, steht im Energiebedarf in Konkurrenz mit anderen Sektoren wie Haushalten, Wärme oder Industrie.

Die nötige Verlagerung bietet aber im Prinzip große Chancen: Weniger Lkw heißt weniger Lärm, Schadstoffe und Unfälle. Die Staus auf Autobahnen werden reduziert und auch der Fachkräftemangel wird kleiner, denn jeder Güterzug, der fährt, ersetzt bis zu fünfzig Lkw.

Und: Unternehmen wie Northvolt fordern eine funktionierende Schiene ein. Das zeigt doch ganz deutlich, dass die Verkehrswende im Güterverkehr ebenfalls zu einer modernen Industriepolitik gehört.

Der Wechsel vom LKW auf die Bahn ist aber so schwierig geworden, dass viele Unternehmen sich nicht einmal vorstellen können, ihre Logistik irgendwann auf der Schiene abzuwickeln. Die Gründe sind immer dieselben: Unzuverlässigkeit, kaputte Infrastruktur, zu wenige Verladeterminals. Und selbst mit erheblicher Förderung für einen Gleisanschluss schrecken Geschichten, wie die von BAT Agrar in Ratzeburg, die ganze 5 Jahre für Genehmigung und Bau eines einzelnen Gleisanschlusses brauchten, ab.

Das alles macht den Wechsel sehr herausfordernd, aber nicht weniger nötig oder sinnvoll. Deswegen wollen wir viele dieser Themen angehen. Die Infrastruktur muss in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn besser werden und unser Netz resilienter. Wir brauchen Ausweichgleise und traglastfähige Strecken.

Besondere Relevanz hat dabei die Strecke Neumünster – Bad Oldesloe. Denn jedes Mal, wenn es auf der Strecke Flensburg – Neumünster – Elmshorn zu Störungen kommt, wirkt sich das im gesamten System aus und der Verkehr steht still. Deswegen muss der Ausbau dieser Strecke mit besonderer Geschwindigkeit vorangehen. Genau diesen Weg gehen wir.

In den allermeisten Fällen kann die Schiene allerdings nicht die Gesamtstrecke abdecken. Die Zukunft ist der Kombinierte Verkehr. Das heißt: Von der Fabrik per Lkw zum nahen Terminal, per Zug zum Terminal nahe des Ziels und per Lkw zur anderen Fabrik. Das lohnt sich ab etwa 250 Kilometern, was dreiviertel der Verkehrsleistung ausmacht. Die Hälfte der Verkehrsleistung liegt sogar über 400 Kilometern. Da ist viel zu holen.

Dazu braucht es eben aber auch moderne Verladeterminals. Wir können nicht erwarten, dass jede Spedition diese für sich selbst baut. Daher ist die Koordinierung der Bedarfe und Auslastung bestehender Angebote so bedeutsam. Und genau deshalb freue ich mich auch, dass wir trotz herausfordernder Haushaltslage noch Geld für die Unterstützung eines Railcoaches bei der IHK einstellen konnten. Wir bitten heute die Landesregierung, die Gespräche für die Einrichtung mit der IHK zu starten.

Ich danke dem SSW also für den Aufschlag, aber habe mich doch gefragt, was das Ziel Ihres Güterverkehrskonzeptes sein soll. Das letzte Güterverkehrskonzept dieser Landesregierung wurde 2020 beauftragt und war immerhin 116 Seiten lang. Welche Erkenntnisse dort fehlen, habe ich zumindest noch nicht verstanden.

Wir brauchen klare Schritte für neue Schienen, Ladeinfrastruktur und Terminals, um an der Dekarbonisierung und der Verlagerung zu arbeiten. An einem Konzept ohne Zielsetzung fehlt es nicht.

Vielen Dank!

Nelly Waldeck

Sprecherin für Mobilität, Klimaschutz, Schifffahrt, Digitales, Netzpolitik, Soziales, Jugend und Antidiskriminierung