Häusliche Gewalt dürfen wir als Gesellschaft nicht zulassen 12. Dezember 202412. Dezember 2024 Es gilt das gesprochene Wort! TOP 9 – Entwurf eines Gesetzes zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und bei Nachstellungen durch den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und weitere Änderungen des Landesverwaltungsgesetzes Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner: Sehr geehrte Frau Präsidentin,sehr geehrte Abgeordnete, beinahe auf den Tag genau vor 27 Jahren, am 17. Dezember 1997, verprügelte ein Mann in Spanien seine mittlerweile geschiedene Ex-Frau und Mutter seiner Kinder, Frau Ana Orantes Ruiz, fesselte sie an einen Stuhl, übergoss sie mit Benzin und verbrannte sie bei lebendigem Leibe. Da sie kurz vorher einen in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommenen Fernsehauftritt zum Thema häusliche Gewalt hatte, wird ihr brutaler Tod in Spanien als Ausgangspunkt landesweiter Protestaktionen gesehen und somit als Startpunkt des „Spanischen Modells“ im Kampf gegen häusliche und partnerschaftliche Gewalt. Einen im Ansatz ähnlichen Fall gab es leider 2016 in Kiel. Unsere Gesetzesentwurf steht vor dem Hintergrund des ersten Bundeslagebildes zu geschlechtsspezifischer, gegen Frauen gerichtete Straftaten. Etwa 25 Prozent aller Kriminalitätsopfer in Deutschland sind Opfer häuslicher Gewalt. Ein Viertel der Opfer der gesamten Kriminalität. Wir wollen, dass sich das ändert! Für Schleswig-Holstein führen wir die elektronische Aufenthaltsüberwachung in Form einer Fußfessel mit Blick auf die Fälle des landesweiten Hochrisikomanagements ein. Wir haben uns dabei entschieden, nicht auf Gewaltschutzanordnungen abzuheben, sondern zielen zentral auf die konkretisierte Gefahr eines Angriffs mit einer erheblichen Intensität oder Auswirkung ab. Diese Gefahr ist die zentrale Voraussetzung für die Anwendung der Fußfessel und die Anwendbarkeit in der Praxis ist ein wichtiger Punkt, denn andere Bundesländer haben dafür bereits Regeln, aber sehr wenige Anwendungsfälle. Durch die vorgeschlagene Regelung beziehen wir alle relevanten Gefährdertypen ein, seien es aktuelle und ehemalige Beziehungspartner oder Stalker, werden aber gleichzeitig nicht uferlos weit. Die Gefahr muss sich schon auf eine bestimmte Person beziehen. Das Gericht kann eine Anordnung immer für maximal drei Monate treffen und wiederholt um drei Monate verlängern, solange die Gefahr fortbesteht. Zusätzlich verlängern wir auch die Zeit, für die durch die Polizei eine Wohnungsverweisung und ein Näherungsverbot ausgesprochen werden kann, von vier Wochen auf drei Monate, um Gewaltbetroffenen mehr Zeit zum Durchatmen zu geben. Diese Verlängerungsoption per Gerichtsbeschluss ist wichtig, gerade in Fällen, in denen etwa Angst, Abhängigkeitsgefühle oder Depression Frauen davon abhalten, selbsttätig auf dem Zivilrechtsweg Gewaltschutz zu erlangen. Auch mit diesem Punkt verlagern wir damit Verantwortung auf den Staat. Unter einem anderen Aspekt liegt dem Entwurf folgende Abwägung zu Grunde: Das Tragen einer elektronischen Fußfessel ist mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff für die Betroffenen verbunden. Ich bringe in Erinnerung: wir sprechen hier über den Bereich noch vor Begehung einer gravierenden Straftat, präventiv. Die Fußfessel bedeutet nicht nur, bestimmte Bereiche meiden zu müssen, sondern kann natürlich in Beruf und Freizeit und privater Lebensgestaltung sichtbar sein und auswirken. Das sehen wir. Aber das Leben geht weiter. Und angesichts des Umfangs des gesellschaftlichen Missstandes und der viel zu oft tödlichen Auswirkung müssen wir trotzdem diesen Weg gehen. Der Entwurf ist technikoffen, wir schaffen auch die rechtlichen Voraussetzungen für das „spanische Modell“, bei dem die Gewaltbetroffenen die Möglichkeit erhalten, eine Warnung über ihr eigenes Handy zu erhalten. Die nötige Technik gibt es in Deutschland noch nicht, dazu bedarf es eines länderübergreifenden Einvernehmens, weil die Länder bei der elektronischen Fußfessel eine gemeinsame Einrichtung betreiben. Ein Allheilmittel ist die Fußfessel nicht, soll aber vor allem im Hochrisikomanagement ein wirksames Instrument sein. Wir können nicht alles Schlechte aufhalten, aber so, wie der Gesetzesentwurf ausgestaltet ist, kann er maximale Wirkung entfalten. In Spanien gab es unter den Anwendungsfällen der Fußfessel seit 2009 keinen Femizid mehr und die Gesamtzahl der Femizide konnte in einer Größenordnung von 26 Prozent reduziertwerden. Wir wollen auch bei uns derartige Erfolge erzielen. Noch im vergangenen Monat übergoss ein Mann in Buxtehude seine getrennt lebende Ex-Frau, zu der ihm ein Kontaktverbot ausgesprochen worden war, mit einer brennbaren Flüssigkeit und zündete sie und sich selbst an. Sie starb kurz darauf im Krankenhaus an den Folgen ihrer schweren Brandverletzungen. So etwas dürfen wir als Gesellschaft nicht zulassen. Vielen Dank! Jan Kürschner Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data Webseite von Eka von Kalben Eka von Kalben auf Instagram Eka von Kalben auf Facebook E-Mail an Eka von Kalben Mehr erfahren