Unterschiedliche Arbeitskulturen können Länder zusammenschweißen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 19 – Grenzüberschreitende Berufsausbildung verbessern und attraktiver gestalten

Dazu sagt die europapolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Eka von Kalben:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

Schule in Flensburg, Ausbildung in Sonderburg, Arbeit in Schleswig – das sollte kein Problem sein, besonders für zweisprachig aufgewachsene Menschen. Leider sieht die Realität anders aus. Dabei gibt es viele Gründe, grenzübergreifend zu lernen und zu arbeiten: Angebot und Nachfrage in der Region zusammenbringen, Minderheiten, die Möglichkeit geben, in ihrer Muttersprache zu lernen und zu arbeiten, vor allem aber auch Austausch und voneinander Lernen fördern – unterschiedliche Arbeitskulturen bieten vielfältige Ansätze. Länder können dadurch weiter zusammenschweißen und das europäische Projekt wird gestärkt.

Aber leider sieht die Realität anders aus: Deutsche Pflegekräfte haben Schwierigkeiten, ihre Qualifikationen in Dänemark anerkennen zu lassen. Handwerker*innen müssen oft zusätzliche Prüfungen oder Weiterbildungen in Dänemark absolvieren. Auch Erzieher*innen haben Schwierigkeiten, ihre Abschlüsse in Dänemark anerkennen zu lassen. Stark spezialisierte Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen führen zu Anerkennungsproblemen.

Die Probleme bei der Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen zwischen Deutschland und Dänemark und generell in Europa hat verschiedene Ursachen: So dominiert In Deutschland das duale Ausbildungssystem, während Dänemark mehr auf schulische Ausbildung setzt. Unterschiedliche Qualifikationsrahmen sind nicht immer direkt vergleichbar. Berufliche Standards und Anforderungen variieren.

Um diese Probleme zu lösen, sind bilaterale Abkommen und enge Zusammenarbeit notwendig. Die EU arbeitet daran, die Anerkennung von Berufsqualifikationen zu erleichtern. Und auch die Landesregierung hat einiges auf den Weg gebracht: die Online-Praktikumsbörse, deutsch/dänische Programme wie das Interreg Projekt Fehmarn Belt, Learning Region Erasmus+ fördert deutsche Schüler*Innen in dänischen Betrieben und das sind nur einige wenige Beispiele

Es gibt viele Gründe, jungen Menschen Perspektiven zu eröffnen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Trotzdem gibt es immer wieder Hürden bei der Anerkennung von Abschlüssen. Warum können wir hier nicht besser werden, wenn wir es alle als so notwendig ansehen? Wer hat ein Interesse daran?

Berufsverbände und Kammern setzen strenge Standards, um die Qualität ihres Berufsstandes zu schützen. Nationale Regierungen möchten die Qualität und Sicherheit bestimmter Berufe gewährleisten. Bildungseinrichtungen schützen ihre eigenen Ausbildungsprogramme. Arbeitgeber bevorzugen Arbeitnehmer mit bekannten Qualifikationen. Gewerkschaften befürchten erhöhten Wettbewerb und Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen. Veränderungen bei den bürokratischen Hürden erfordern umfangreiche Reformen und Anpassungen, die auf Widerstand stoßen können.

Diese Akteure haben legitime Gründe für ihre Vorbehalte, wie den Schutz der öffentlichen Sicherheit und die Gewährleistung hoher Ausbildungsstandards. Gleichzeitig machen diese Interessen den Anerkennungsprozess kompliziert und langwierig. Auf europäischer Ebene ist die Kultusministerkonferenz (KMK) oft ein Hindernis für Vereinfachungen, da sie anderen Ländern nicht zutraut, das gleiche Niveau zu haben. Und lassen Sie mich ein Wort zu der viel gescholtenen Bürokratie sagen. Die Verwaltungen setzen die Regeln um, die wir und die Regierungen schaffen, um uns nach Möglichkeit hundertprozentig abzusichern.

Die Exekutive wird in die Pflicht genommen, wenn etwas passiert und man nicht so genau hingeschaut hat. Sehr intensiv ist dann die Suche nach den Schuldigen. Ich möchte SPD und FDP sehr herzlich für den Antrag danken und beantrage die Ausschussüberweisung. Und dann freuen wir uns, wenn wir in dieser Frage einen Schritt weiterkommen. Ich zitiere Lars Harms aus der Debatte heute Morgen zu den sozialen Berufen: „Wir brauchen Sie Alle“.

Ich danke Ihnen.

Eka von Kalben

Landtagsvizepräsidentin

Sprecherin für Europa, Religion, Minderheiten und Inklusion