Das Antragserfordernis für Arbeit und Ausbildung muss endlich wegfallen!

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 17 – Irreguläre Migration entschlossen eindämmen

Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleg*innen,

in Richtung FDP möchte ich zunächst sagen, dass ich es gerade in Zeiten politischer Polarisierung – und die erleben wir ja gerade – schon schwierig finde, wenn Sie den einzigen Fokus in der Migrationspolitik immer wieder auf die Abschiebung von schutzsuchenden Menschen zu legen.

Herr Buchholz, Sie haben bei der letzten Debatte zu Rückkehr im Frühjahr gesagt, Sie würden sich ja auch für Integration einsetzen – und ich will Ihnen das wirklich gerne glauben. Aber ich sag mal so: Der dazugehörige Antrag fehlt leider bis heute. Wenn Sie sich auch für die Teilhabe von Menschen hier im Land einsetzen wollen, dann machen Sie das doch auch mal anhand von Landtagsanträgen deutlich. Stattdessen legen Sie uns nun erneut einen Antrag vor mit dem selbstbeschriebenen Ziel „die irreguläre Migration entschlossen einzudämmen“.

Ich glaube diese Verengung führt uns politisch gerade in die falsche Richtung. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Unternehmen in Deutschland in der Fachkräfteanwerbung im Ausland irgendwie behilflich sein wird.

Wir müssen anders diskutieren – nämlich differenziert. Und das haben CDU und Grüne gestern vorgemacht. Und wenn ich das am Rande einmal sagen darf: Der Kollege Herr Harms hat mir wieder einmal aus dem Herzen gesprochen.

Wir als Grüne begrüßen sehr, dass die Landesregierung sich nun neben der Unterbringungsfrage einer weiteren Aufgabe stellen wird, in der die Kreise und kreisfreien Städte vor einer Belastung stehen: Nämlich durch eine stärkere Zentralisierung der Rückführung von schweren Straftäter*innen nach Vollendung der Strafe. Denn diese Fälle sind besonders komplex und herausfordernd. Und es gibt ein besonderes öffentliches Interesse die Prozesse hier zu beschleunigen.

Bei der Rückkehrpolitik insgesamt bitte ich um Augenmaß. Ich kenne zu viele Menschen, die hier gut integriert sind und trotzdem rückgeführt werden. Mir ist wichtig zu sagen: Die allermeisten geflüchteten Menschen sind keine Straftäter*innen.

Die Rückführung von Ausreisepflichtigen ist nicht die einzige Aufgabe, die Kreise und kreisfreie Städte belastet. Und die von Herrn Buchholz im vorliegenden FDP-Antrag herausgegriffene Zahl von 300.000 Menschen in Zuständigkeit der kommunalen Ausländerbehörden steht in keinem Zusammenhang mit der Rückkehrdebatte, denn nur gute 3 Prozent davon sind ja überhaupt ausreisepflichtig. Nur um auch diese Zahl einmal einzuordnen.

Was wir brauchen, um das Bild für Fluchtmigration wieder gerade zu rücken, wieder positiver zu zeichnen, das ist eine ausgewogene Debatte, eine die Probleme benennt – aber eben nicht einseitig, sondern die sich in alle Richtungen ehrlich macht. Und das erwarte ich auch von den demokratischen Parteien.

Und wenn wir hier unsere Kommunen wirklich langfristig entlasten wollen – finanziell und personell – dann schaffen wir das eh nur, indem wir es Menschen erleichtern hier zu arbeiten, eigenes Geld zu verdienen, Steuern zu zahlen, sich selbst eine Wohnung zu mieten und ihr Leben zu gestalten. Denn nur dann leben in den Kommunen nachher Menschen mit Fluchthintergrund, die nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind – weder in der Unterbringung noch beim Lebensunterhalt.

Wir brauchen eine qualitative Integrationspolitik, da bin ich ganz bei meiner Kollegin Birte Glißmann. Kommen wir also zu unserem schwarz-grünen Alternativvorschlag. Uns geht es nicht nur darum, die Vollzugsdefizite im Rückkehrmanagement anzusprechen, sondern auch die Vollzugsdefizite im Integrationsbereich.

Es ist wichtig sich nicht nur einzugestehen, dass die Rückführung ausreisepflichtiger Personen schwierig und zu komplex ist, sondern sich ebenso einzugestehen, wie viele Menschen da draußen in Duldung und Gestattung aufgrund von Wartezeiten und Ermessensspielräumen bei den Ausländerbehörden von einer erfolgreichen Arbeitsmarktintegration gerade abgehalten werden.

Und zwar deshalb, weil viele Behörden seit Corona einfach nicht mehr hinterherkommen. Der Antragsstau für die Zustimmung zu Arbeit, Ausbildung oder Praktika ist nicht mehr akzeptabel. Und zwar nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit. So viele Anträge werden gestellt und sind nach vielen Monaten immer noch unbeantwortet. Und das, obwohl die Bundesagentur für Arbeit innerhalb von 2 Wochen die Arbeitsbedingungen prüft.

Es ist überfällig, dass wir uns diesem Problem endlich stellen. Das Antragserfordernis bei den Ausländerbehörden für die Annahme eines Jobs oder eines Ausbildungsplatzes muss endlich wegfallen. Und wir bitten die Landesregierung auch hierzu eine Bundesratsinitiative einzubringen.

Und ich hoffe, dass das ein Vorstoß sein kann, hinter dem sich alle demokratischen Parteien gemeinsam versammeln. Denn auch die Bundesregierung hat dieses Problem vor dem Sommer in ihrer Wachstumsinitiative identifiziert und Lösungen hierzu angekündigt.

Schleswig-Holstein wird sich nun dafür einsetzen, dass diese Lösungen auch schnell kommen. Zur Entlastung unserer Behörden vor Ort, zur Entlastung der Menschen, die arbeiten wollen und zur Entlastung der Betriebe, die dringend Personal suchen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Catharina Nies

Sprecherin für Migration, Flucht, Frauen, Gleichstellung, Familie, Kinder, Kita