Zentralisierung bei der Rückkehr von Straftäter*innen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 7 – Änderung des Landesaufnahmegesetzes

Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies:

Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

Nach der gestrigen Abstimmung im Bundestag fällt es mir schon schwer, hier heute zur Tagesordnung überzugehen. Aber ich bemühe mich. Ich bin froh hier im Kieler Landtag mit Menschen zu arbeiten, die entschlossen und hart in der Sache diskutieren können, aber in ihren politischen Forderungen maßvoll und differenziert sind.

Lassen Sie uns unseren Kurs als Schleswig-Holsteiner*innen halten und weiter lösungsorientiert und gemäßigt über Probleme und über konkrete Verbesserungsvorschläge sprechen, wie zum Beispiel über den Änderungsentwurf des Landesaufnahmegesetzes, um den es heute gehen soll.

Wir als Koalition bemühen uns immer in zwei Richtungen zu arbeiten und handlungsfähiger zu werden: bei der Integration und verbesserten Rahmenbedingungen für das Ankommen in unserer Gesellschaft auf der einen Seite und bei dem Abbau von Vollzugsdefiziten bei der Rückführung auf der anderen Seite. Beides zusammen, weil ein funktionierender Rechtstaat in beide Richtungen handlungsfähig und konsequent sein muss. Und weil Straftaten wie Brokstedt, Aschaffenburg. Magdeburg und Solingen erfordern, dass wir uns auch mit der Frage auseinandersetzen, ob Gewalttaten hätten verhindert werden können, wenn eine Rückführung früher vollzogen worden wäre.

Damit muss man sich auseinandersetzen. Damit, wie unser Rechtsstaat besser funktionieren kann. Aminata Touré hat bereits in der Debatte im Herbst beschrieben, dass das Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge schon jetzt etwa 60 Prozent der Rückführungen in Amtshilfe für die Kreise und kreisfreien Städte durchgeführt. Und trotzdem gibt es darüber hinaus aufenthaltsrechtlich komplexe Fälle, die erfordern, dass wir als Land noch mehr Unterstützung leisten.

Und es ist deshalb auch richtig, dass Land und Kommunen sich im Zuge der Gespräche zur Zentralisierung aufenthaltsrechtlicher Zuständigkeiten im Rückführungsmanagement im Dezember darauf geeinigt haben, dass die Zuständigkeit für bestimmte komplexe Einzelfälle künftig vom Landesamt zentral übernommen werden kann.

Insbesondere bei Personen, die mehrfach und intensiv straffällig geworden sind und jene, die sich ohne festen Wohnsitz häufig an wechselnden Orten aufhalten, wird die Bearbeitung durch unklare Zuständigkeiten erschwert. Die Gesetzesänderung soll hierbei helfen.

Das Landesaufnahmegesetz soll angepasst werden, um eine Zuständigkeitszuweisung von einer örtlichen Ausländer- und Zuwanderungsbehörde auf das Landesamt im Einzelfall ermöglichen zu können.

Der schlimme Messerangriff im Zug nach Brokstedt am 25. Januar 2023 hat uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, schneller und abgestimmter handeln können und dass Mitteilungspflichten und Informationsweitergabe zwischen Behörden hierbei zentral sind – insbesondere bei Personen, die bereits in einem erheblichen Maße straffällig geworden sind. Wir verbessern nun den Informationsaustausch an der Schnittstelle zwischen Haft, Maßregelvollzug, Haftentlassung und ausländerbehördlicher Aufsicht, damit wir einen besseren Überblick haben, wo straffällig gewordene Personen sich aufhalten.

Die Justizvollzugsverwaltung wird künftig verpflichtet, auch dem Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge regelhaft eine Mitteilung über Ausländer*innen in Haft rechtzeitig zuzuleiten – also bei Haftantritt, bei Verlegung und vor Haftentlassung.

Die örtlich zuständige Ausländer- und Zuwanderungsbehörde erhält die Mitteilung weiterhin. Die neue Möglichkeit der Zuständigkeitszuweisung beim Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge wird durch die parallele Mitteilungspflicht der Justizvollzugsbehörden unterstützt. Dies gewährleistet, dass das Landesamt frühzeitig von potenziell zentralisierungswürdigen Fällen Kenntnis erhält und auf dieser Basis fundierte Entscheidungen treffen kann. Damit wird die Voraussetzung für das Landesamt geschaffen, eine entsprechende Zuständigkeitsübernahme gegebenenfalls erkennen und veranlassen zu können.

Das bisherige Aufgabenspektrum des Landesamtes erweitert sich in Einzelfällen damit also über die Landesunterkünfte hinaus und wir schaffen die rechtliche Grundlage, schwierige Fälle bündeln und schneller zentral bearbeiten zu können. Dies soll bis zu 150 Personen pro Jahr umfassen.

Um zu verhindern, dass in der politischen Auseinandersetzung um Asylfragen Menschen pauschal von gesetzlichen Verschärfungen betroffen sind, die sich an alle Regeln halten, ist es wichtig, dass Bund und Länder umso konsequenter bei denjenigen handeln, die schwere Straftaten begehen und damit auch zu verantworten haben. 

Diese Unterscheidung ist aber wichtig.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Catharina Nies

Sprecherin für Migration, Flucht, Frauen, Gleichstellung, Familie, Kinder, Kita