Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss mit aller Entschlossenheit bekämpft werden

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 21 – Sicherheit und Gleichberechtigung für queere Menschen in Schleswig-Holstein

Dazu sagt der queerpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

schon zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode sprechen wir hier im hohen Hause über Gewalt gegen queere Menschen und Vielfalt. Wir hatten im letzten Jahr anlässlich der Verbrennung der Regenbogenflaggen in Flensburg auf Initiative der FDP hier schonmal einen interfraktionellen Antrag geeint, den wir als Landtag einstimmig verabschiedet haben.

Darin haben wir klargemacht, dass das Verbrennen von Symbolen, die für die Freiheit, die Vielfalt und die Toleranz unserer demokratischen Gesellschaft stehen, einen Angriff auf die grundlegenden Werte eines friedlichen, respektvollen und menschenwürdigen Miteinanders darstellt.

Ich betone das an dieser Stelle so, weil wir in Schleswig-Holstein der einzige, der letzte verbliebene Landtag in Deutschland sind, der eine Einstimmigkeit bei einem solchen Thema noch herbeiführen kann. Gerade in Anbetracht des Wahlergebnisses zur Bundestagswahl läuft es mir bei dem Gedanken an die hohen Zustimmungswerte für rechts außen kalt den Rücken herunter.

Und nicht genau so aber so ähnlich und wahrscheinlich noch schlimmer, muss es sich für die Mitarbeitenden von Lambda Nord und eine Kinder- und Jugendgruppe für junge für LSBTIQ bei mir in Lübeck angefühlt haben, als Ende Januar zwei Unbekannte queerfeindliche Morddrohungen an genau dem Ort geäußert haben, der eigentlich ein SafeSpace für die Jugendlichen ist.

Und ganz unabhängig von einem konkreten Fall kann ich auch als Lübecker sagen, sowas spricht sich vor Ort und gerade auch in der Community herum.

Auf einer Demo für Demokratie und Vielfalt, auf der ich selbst auch gesprochen habe, wurde dieser Fall von mehreren Redner*innen erwähnt. In persönlichen Gesprächen sagen die Leute dann: „Ich ziehe mich jetzt noch mehr als ohnehin schon zurück. Solche Vorkommnisse machen so große Angst, dass wir uns darin bestätigt sehen, uns unsichtbar zu machen.“

Liebe Kolleg*innen, ich möchte es ganz klar sagen: Jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, jede Ausprägung von Gewalt, Hass und Hetze gegen die eigene sexuelle und geschlechtliche Identität und gegen eine offene, vielfältige Gesellschaft verdient nicht nur unsere entschiedene Ablehnung, sondern muss mit aller Entschlossenheit bekämpft werden.

Das Sicherheitsversprechen des Staates gilt für alle Menschen. Und es macht mich zutiefst betroffen, dass solche Fälle immer und immer wieder auftreten und leider mehr werden, weil genau dieser Impuls des unsichtbar Werdens, des sich Zurückziehens, für den ich absolutes Verständnis habe, ja genau das ist, was die Gegner unserer vielfältigen Gesellschaft erreichen wollen. Deshalb verstehe ich es als meine und unser aller Aufgabe, genau denen klarzumachen: Diese Genugtuung bekommt ihr nicht, ihr bekommt unsere Angst nicht, sondern wir werden jeden Tag aufs Neue für eine Gesellschaft kämpfen, in der wir alle miteinander verschieden sein können aber eben gleich an Rechten, gleich an Würde und gleich an Freiheit!

Und genau deshalb ist es auch absolut richtig, heute hier diese Debatte zu führen und unsere Polizei und unseren Rechtstaat noch stärker zu machen, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass es mit der veränderten politischen Stimmung in unserem Land immer schwieriger werden könnte, die notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheiten zu bekommen. Deshalb begrüße ich absolut die Erneuerung der Bundesratsinitiative zur Aufnahme des Schutzes der sexuellen Identität in § 3, Abs. 3 unserer Bundesverfassung.

Auch finde ich es genau richtig, dass wir die Polizei und Tim Jänke mit der Zentralen Ansprechstelle LSBTIQ darin unterstützen, queerfeindliche und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit entschieden zu bekämpfen. Wir werden gemäß unseres Koalitionsvertrages den Landesaktionsplan Echte Vielfalt weiterentwickeln und darin die betroffenen Institutionen, Vereine und Verbände wie Lambda Nord, Haki und den LSVD zur Stärkung, Toleranz und Gewaltprävention gegenüber der queeren Community mit einbeziehen.

Liebe Kolleg*innen, zu dem Thema könnte ich jetzt noch deutlich länger sprechen, ich möchte aber mit einer für mich persönlich ganz wichtigen Botschaft und einem Satz enden, der mich schon lange prägt: „Die Verfasstheit einer Demokratie und ihrer Gesellschaft lässt sich immer dadurch definieren, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht.“

Sie zu stärken, sollte unser oberstes Ziel sein und daher freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss und bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

Jasper Balke

Sprecher für Gesundheit, Pflege, Ehrenamt, Sport, Gesundheitswissenschaften, Medizinische Forschung und Lehre