Faire Chancen und Teilhabe für alle eröffnen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 21 + 51 – Weiterbildungsstrategie umfassend anlegen; Europäisches Jahr der Kompetenzen

Dazu sagt die Sprecherin für Erwachsenenbildung der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,

Uta Röpcke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

Lesen, Schreiben, Rechnen, ESA, MSA, interkulturelle Kompetenz im Kita-Alltag, Stressbewältigung in pädagogischen Berufen, Baby-Yoga, bürgerschaftliches Engagement, kreatives Schreiben und Malen, Deutsch als Fremdsprache, Spanisch, Italienisch: Das sind alles Angebote der Erwachsenenbildung, die man beispielsweise aktuell auf der Homepage der VHS Geesthacht finden kann und die zeigen, wie viele Facetten unsere Weiterbildungslandschaft schon jetzt hat. Was wäre Schleswig-Holstein ohne seine Grundbildungszentren und Volkshochschulen?

Das Erlernen einer Fremdsprache öffnet neue Horizonte, baut Barrieren ab und hilft bei der Verständigung. Ein sicherer Umgang mit Smartphone oder Tablet hilft besonders auch älteren Menschen mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, die sie nicht mehr so häufig treffen können. Unsere Arbeitswelt ändert sich in einem rasenden Tempo. Das, was ich vor dreißig Jahren in Schule oder Ausbildung gelernt habe, reicht heute oft nicht mehr, um mir die Möglichkeiten zu eröffnen, die ich mir wünsche oder die Berufsfelder, in denen so dringend Menschen gebraucht werden.

Erwachsenenbildung kann aber auch Impuls für persönliche Weiterentwicklung sein und dem Leben eine ganz andere Richtung geben. Ein Kurs in kreativem Schreiben, ein Literaturkreis, eine Bildungsfahrt – der Funke kann auf verschiedenste Art und Weise überspringen. Menschen, die unsere Gesellschaft und Kultur durch Romane, Bilder, Podcasts, Theater und Musik bereichern, haben damit oft nicht direkt nach der Schule angefangen, sondern ihre Leidenschaft und ihr Talent später entdeckt und genutzt. Das alles bedeutet auch Lebensqualität und Teilhabe. Und das alles bietet unser Weiterbildungssystem schon jetzt.

Aber warum lernen wir wann und was? Welche neuen Angebote soll es oder muss es geben? Welche Bedarfe gibt es konkret? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir über eine Strategie für die Zukunft sprechen und damit auch den Startpunkt für einen Prozess, der uns sicher noch eine Weile beschäftigen wird.

Dabei muss unsere gesamte Bildungslandschaft, vom Regionalen Zukunftszentrum Nord (RZ.N), das Beschäftigte und Unternehmen für die Arbeitswelt von morgen fit macht, über die Beratungsstelle für ausländische Arbeitnehmer*innen in Schleswig-Holstein oder auch die Beratungsstelle Handicap in Trägerschaft von Arbeit und Leben e.V. bis hin zu den vielen weiteren Akteur*innen und Einrichtungen, mitgedacht und beteiligt werden.

Lieber Kollege Habersaat,

ich freue mich, dass Sie unseren Koalitionsvertrag so genau gelesen haben und bin Ihnen dankbar für Ihren Antrag, der sehr gut die Ziele und Kriterien umreißt, die eine Weiterbildungsstrategie für Schleswig-Holstein auch aus meiner Sicht haben sollte: Wir brauchen eine flächendeckende Grundversorgung, auch in ländlichen Regionen muss ich die Möglichkeit haben, mich neu zu orientieren, mich persönlich weiterzuentwickeln. Es geht um Beschäftigtenqualifizierung, aber darf gleichzeitig nicht ausschließlich um berufliche Weiterbildung gehen. Zugewanderten müssen Brücken in die Qualifizierung und damit in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt gebaut werden. Individuelle Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftliche Herausforderungen wie die sozial-ökologische Transformation, Nachhaltigkeit, Digitalität und Digitalisierung müssen adressiert werden und nicht zuletzt muss es gelingen, Angebote für Jung und Alt gleichermaßen zu schaffen.

Das Wichtigste in unserem Land sind die Menschen mit ihrem Können, ihrem Engagement, ihrer Kreativität. Und die Weiterbildung, die ihnen mit den Bildungszentren, Volkshochschulen und anderen Angeboten und Einrichtungen ermöglicht wird, ist der Schlüssel, um neue Chancen zu eröffnen und gemeinsam erfolgreich in die Zukunft zu gehen. Daher ist für mich der Prozess mit der Entwicklung einer Weiterbildungsstrategie noch nicht zu Ende, sondern wir wollen auf Grundlage einer solchen Strategie perspektivisch auch gemeinsam ein Weiterbildungsförderungsgesetz für Schleswig-Holstein auf den Weg bringen.

Neben dem Antrag der SPD-Fraktion liegt uns auch der Bericht zum Europäischen Jahr der Kompetenzen vor und auch hier finden wir viele Ansätze, die in einer umfassenden Weiterbildungsstrategie mitgedacht werden sollten: Fachkräftezuwanderung und -sicherung, Change-Maker Technologien wie die Plattform „Future Skills“ und der EFRE-finanzierte „Digital Learning Campus“ (DLC) als Flagship-Projekt. Und im Bereich des MEKUN gibt es beispielsweise das Projekt „Akademie für Artenkenntnis“ oder die Qualifizierung zum/zur zertifizierten Natur- und Landschaftsführer/-in mit bundesweiter Anerkennung.

In Anbetracht all dieser Aspekte und deren Bedeutung für Schleswig-Holstein halte ich es für dringend angebracht, diesen Antrag und den Bericht in den Fachausschuss zu überweisen. Hier können wir dann gemeinsam weiter darüber beraten, wie wir die aufgeworfenen und ausnahmslos wichtigen Aspekte auch angemessen berücksichtigen können. Gemeinsam können wir eine Weiterbildungsstrategie für Schleswig-Holstein gestalten, die allen Menschen faire Chancen und Teilhabe in unserem Land eröffnet. Ich freue mich auf die Beratung.

Vielen Dank!

Uta Röpcke

Parlamentarische Geschäftsführerin

Sprecherin für Erwachsenen- und Weiterbildung, Kultur, Denkmalschutz