Gemeinsam an der Verbesserung des Umweltverbundes arbeiten

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 20 – Runden Tisch für einen attraktiven Schienenpersonenverkehr (SPNV) in Schleswig-Holstein einberufen

Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

wer in den letzten Wochen das ein oder andere Mal mit Bus oder Bahn unterwegs war, dem kann es wohl kaum entgangen sein: Gerade finden wieder deutschlandweit Streiks im öffentlichen Personenverkehr statt. Im Vordergrund stehen die Tarifverhandlungen. Aber mit der Kampagne „Wir fahren zusammen“ geht es um noch mehr.

Gefordert wird eine Verdopplung des ÖPNV, deutlich mehr Investitionen in Bus und Bahn und Arbeitsbedingungen, die mehr Menschen motivieren, im öffentlichen Verkehr zu arbeiten. Das ist genau richtig und unterstützenswert. Es zeigt aber auch: ÖPNV geht uns alle an. Er betrifft uns jeden Tag. Gerade wer den öffentlichen Verkehr nutzt, kriegt immer wieder die Schwachstellen zu spüren. Fehlende Ausweichgleise, zu wenig Personal.

Deswegen ist nachvollziehbar, dass es ein großes Interesse gibt, sich an verkehrspolitischen Fragen zu beteiligen. Und das ist gut so. Beteiligung ist wichtig, um neue Perspektiven zu gewinnen. Mit Akteuren wie ProBahn oder dem VCD Nord haben wir Verbände, die fachlich und engagiert mitten in den politischen Entscheidungen zu Verkehrsthemen stehen, der Regierung genau auf die Finger gucken und immer wieder neue Vorschläge auf den Tisch legen.

Allerdings haben wir für ihre Beteiligung bereits Strukturen. Mit dem Verkehrspolitischen Beirat haben wir ein langjährig bewährtes Fachgremium, in dem wir gezielt die Probleme und Lösungen vorab erörtern. Hier bringt sich auch ProBahn bereits aktiv ein. Gerne können wir darüber sprechen, welche Personen oder Gruppierungen noch eingebunden werden sollten, sei es regelmäßig oder bei entsprechenden Themen auch für einzelne Sitzungen. Aber einen neuen runden Tisch zu öffnen, geht glaube ich an der Zielsetzung vorbei.

Und wir haben noch ein Gremium: Bei der Nah.sh haben wir den Fahrgastbeirat, wo Interessengruppen gezielt eingeladen werden, wie Behindertenvertretungen, Senior*innen, Schüler*innen und so weiter. Mir ist noch nicht klar geworden, warum diese bestehenden Gremien nicht reichen oder wie sich so ein runder Tisch unterscheiden würde. Und wir wissen auch: Mit der Größe eines Gremiums steigt oft auch dessen Komplexität und Ineffizienz. Ich halte es absolut nicht für sinnvoll, alle Verkehrsunternehmen, die Verbände, die Nah.sh, die Interessenvertretungen und die DB regelmäßig an einen Tisch zu setzen und über die Zukunft des ÖPNV diskutieren zu lassen. Reden wir über Fachkräftemangel, brauchen wir noch die Beschäftigten, reden wir über Barrierefreiheit, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Behinderungen. Die Liste ist lang.

Und im Kern wissen wir bei vielen Fragen auch, wo die Probleme liegen: Fachkräftemangel im Allgemeinen und speziell auch bei Betriebswechsel auf unseren Strecken, kaputte Infrastruktur, weil seit Jahrzehnten nicht genug Geld in die Schiene investiert wird, fehlende Mittel, um den Betrieb auszuweiten, eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit, weil die allermeisten Strecken nicht uns, sondern der DB gehören.

Bei diesen Problemen hilft leider auch der Arbeitskreis nicht weiter. Aber ich sage mal so: Wenn der größte Vorschlag des SSW ist, einen runden Tisch zu gründen, dann gibt es vielleicht gar nicht so viele konkrete Verbesserungsvorschläge. Was fehlt ist eben hauptsächlich Geld und Personal. Und gegen die Angewiesenheit auf die DB hilft leider auch der Runde Tisch nicht. 

Lassen Sie uns doch gemeinsam die bestehenden Fachgruppen weiterentwickeln und mit noch mehr Leben füllen, um an der aktuell bei weitem nicht zufriedenstellenden Situation aber auch an der für die Verkehrswende dringend benötigte massive Verbesserung und Erweiterung des Umweltverbundes zu arbeiten.

Wäre das Interesse des SSW tatsächlich dagewesen, diesen Runden Tisch zu realisieren, hätte man sich vielleicht nicht als erstes in die Presse gestellt und dem Minister ein Misstrauensvotum ausgesprochen, sondern wäre vielleicht mal mit der Idee in den verkehrspolitischen Beirat gekommen.

Vielen Dank.

Nelly Waldeck

Sprecherin für Mobilität, Klimaschutz, Schifffahrt, Digitales, Netzpolitik, Soziales, Jugend und Antidiskriminierung