Jeder Mensch hat das Recht, frei von Gewalt zu leben

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 22 – Hochrisikomanagement ausweiten und Gewaltschutz effektiver gestalten

Dazu sagt der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Abgeordnete,

in den letzten Jahren hat das Thema Gewalt an Frauen zum Glück zunehmend politische Aufmerksamkeit erhalten. Das war und ist angesichts der Zahlen auch dringend erforderlich. Uns alle eint das Entsetzen über die viel zu häufigen Gewalttaten, Tötungsversuche und Morde an Frauen! Wir halten fest, dass wir trotz der ersten wichtigen Meilensteine, die wir für einen besseren Schutz vor Gewalt gegen Frauen bereits erreicht haben, keine Trendwende feststellen können.

Jeder Mensch hat das Recht, frei von Gewalt zu leben. Jede Frau hat dieses Recht. Es ist der gemeinsamen Anstrengung aller politischen Kräfte in unserem Haus zu verdanken, dass das Thema längst nicht mehr als Privatsache abgetan wird. Gewalt ist keine Privatsache! Gewalt an Frauen hat strukturelle Ursachen und letzten Endes patriarchale Gründe. Gewalt an Frauen ist auch eine Frage der Inneren Sicherheit. Unser Bemühen erfolgt konstant im Konsens der demokratischen Fraktionen, das ist ein starkes Zeichen unserer politischen Einigkeit im Kampf gegen Gewalt an Frauen.

Diese Landesregierung setzt sich konsequent für den Schutz von Frauen ein. Ich möchte den Ministerinnen Dr. Sabine Sütterlin-Waack und Aminata Touré sowie allen anderen Beteiligten wie beispielsweise den Frauenberatungsstellen und KIK-Koordinatorinnen ausdrücklich für ihr besonderes Engagement danken. Wir haben in Schleswig-Holstein in ein flächendeckendes Netz an Hilfs- und Beratungsstellen investiert, wir stärken die Frauenfacheinrichtungen und sind die ersten Schritte für die Umsetzung des Hochrisikomanagements gegangen. Nach der Pilotphase geht es jetzt darum, gemeinsam die flächendeckende Umsetzung in Schleswig-Holstein auf den Weg zu bringen.

Wir arbeiten mit Hochdruck an den bereits geschaffenen Maßnahmen und Projekten weiter und werden das Erforderliche tun, um aus den Pilotprojekten regelhafte Verfahren zu machen. Auch der jetzt vorgelegte Antrag wird diese Rahmenbedingungen weiter verbessern. Denn es sind die Strukturen, die konsequent weiter zusammengebracht werden müssen, um effektiven Gewaltschutz in der Praxis umzusetzen.

Die Modellregionen Ratzeburg und Flensburg haben gezeigt, wie das mit dem Hochrisikomanagement gelingen kann. Wir legen Standards für polizeiliche Verfahren fest, wie in Fällen von Partnerschaftsgewalt zu verfahren ist. Wir benennen konkrete Verantwortliche und geben klar vorgegebene Aufgaben mit, um die Gefährdung einzuordnen. Wird ein Hochrisikofall erkannt, werden alle an einen Tisch geholt, um die sofort notwendigen Maßnahmen zu identifizieren und in Gang zu bringen. Das muss zur Not auch sehr kurzfristig geschehen.

Das neue daran ist das Einbringen der Kenntnisse aller Beteiligten in die Fallkonferenz. Das bringt einen besseren Gesamtblick auf die Situation und ermöglich eine bessere Abstimmung von Maßnahmen zwischen allen Beteiligten. Damit schaffen wir den so dringend erforderlichen systematischen Umgang mit Fällen von Gewalt gegen Frauen.

Wir alle wissen, wie plötzlich Frauen durch eine Trennung auf einmal in Gefahr geraten und dass gerade die ersten Stunden und Tage ein entscheidender Zeitraum für die Sicherheit der Frauen sind. Und diese Verfahren werden wir von der Westküste bis nach Fehmarn, vom Hamburger Rand bis nach Dänemark etablieren. Ich verbinde damit ganz stark die Hoffnung, dass wir die Fälle von Gewalt gegen Frauen reduzieren können. Das wird sicher nicht von Anfang an überall glatt laufen. Die Institutionen müssen zueinander finden und Abläufe eingeübt werden. Aber ich bemerke im Land dazu überall eine große Bereitschaft und Motivation.

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass es in das konkrete Handeln kommt und wir uns ganz konkret an die Täter richten und die schon bestehenden Möglichkeiten im Gesetz wirklich nutzen. Zum Schutz der Frauen. Während wir konkret in die Umsetzung starten, läuft parallel weiter die systematische Aufarbeitung der Tötungs- und Sexualdelikte sowie der Gewalttaten gegen Frauen. Wir werden im ersten Quartal 24 den ersten Bericht der Landesregierung dazu erhalten. Mittelfristig soll dem eine wissenschaftliche Untersuchung folgen.

Ich bin den Ministerien sehr dankbar für den konkreten und praxisnahen Handlungsvorschlag. Die damit identifizierten Schwachpunkte im Umgang mit den bisherigen Fällen werden uns weitere Erkenntnisse liefern, wo wir in Schleswig-Holstein noch nachbessern müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Jan Kürschner

Sprecher für Innen, Recht, Medien, Datenschutz, Open Data