Planung beschleunigen, aber nicht auf Kosten der Umwelt

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 42 + 60 – Bericht der Landesregierung über die im Rahmen des Normenscreenings Planungsbeschleunigung identifizierten Beschleunigungspotentiale

Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Silke Backsen:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

wir wollen klimaneutrales Industrieland werden und das innerhalb der nächsten 17 Jahre. Bis 2040 wollen wir im Gebäudebereich, im Verkehr, der Industrie und in einigen anderen Bereichen CO2-neutral sein – spätestens! In der Landwirtschaft wollen wir klimaneutral werden. Das alles sind große Herausforderungen, vor dem Hintergrund einer radikal veränderten geopolitischen Lage, vor dem Hintergrund vielfältiger Krisen, die uns als Land herausfordern, und vor dem Hintergrund einer zunehmenden Klimaveränderung.

Im Klartext bedeutet das, dass wir überall dort, wo wir die dringend benötigte Schienen- und Energieinfrastruktur ausbauen müssen, nur wenig Zeit zur Verfügung haben, um Ergebnisse zu schaffen. Und es ist kein Geheimnis, das die Verkehrswege auch bei uns im Land für effizienten Klimaschutz eine Generalüberholung benötigen.

Genau aus diesem Grund haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, zu Beginn der Legislaturperiode ein Normenscreening durchzuführen, um Beschleunigungspotenziale zu identifizieren und alle sinnvollen Möglichkeiten zu nutzen. Dieser Bericht liegt uns nun vor und er zeigt, dass hier durchaus Spielraum besteht.

Planungs- und Genehmigungsverfahren für Großprojekte sind aufwendig und kosten viel Zeit. Das hat auch seine berechtigten Gründe: Jedes Großprojekt führt immer auch zu Interessenkonflikten und berührt unzählige Gesichtspunkte. Diese Konflikte müssen sichtbar gemacht und im Rahmen der Planung ausreichend berücksichtigt werden, das gehört zu einer demokratischen Rechtsordnung dazu und kann auch als eine Stärke des deutschen Planungsrechts gesehen werden.

Die Idee dahinter: Beteiligt man alle Akteur*innen umfassend, dann steigt in der Regel die Akzeptanz für Großprojekte in der Bevölkerung. Es sollte uns allen wichtig sein, dass alle Aspekte der Planung hinreichend in Augenschein genommen und Interessenskonflikte klar kommuniziert werden.

Verfahrensverzögerungen durch unnötige Verwaltungsauflagen, zähe Prozesse innerhalb der Gerichte, mangelnde Digitalisierung in nahezu allen Bereichen und die fehlende Standardisierung – Baustellen gibt es genügend. Hier nennt der Bericht sinnvolle Maßnahmen, mit denen wir uns nun intensiv auseinandersetzen müssen.

Auch der am 6. November getroffene Bund-Länder-Pakt zielt in die richtige Richtung und die Einigkeit über das gemeinsame Ziel ist ein wichtiges Zeichen. Im Deutschland-Pakt wird ebenfalls betont, dass wir klimaneutral werden müssen. Wir sehen mittlerweile überall, dass der Klimawandel mit seinen Auswirkungen real ist und auch uns vor große Herausforderungen stellt. Wir müssen aber auch den Industriestandort stärken, Arbeitsplätze sichern und auch neue schaffen.

Bei uns ist Vieles zu langsam und zu bürokratisch, es wurden allerdings aus guten Motiven heraus über Jahre detaillierte Regelungen geschaffen. Aber: Trotz aller Notwendigkeit und allem Einverständnis, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu verkürzen, muss eine Sache unmissverständlich klar sein: Die Beschleunigung darf nicht auf Kosten der Umwelt gehen! Keine der vorgeschlagenen Maßnahmen darf die bestehende Gesetzgebung zum Naturschutz aushöhlen.

Großprojekte stehen immer auch für einen erheblichen Eingriff in die Natur. Und diese Eingriffe müssen angemessen geprüft werden, das ist unsere Verantwortung und daran führt kein Weg vorbei. Denn wer auf Kosten des Naturschutzes Projekte beschleunigt – um Klimaneutralität zu erreichen und damit auch die Natur zu schützen – der schießt sich selbst ins Knie.

Wir wollen und müssen die grüne Transformation vorantreiben. Dazu gehört auch der Abbau unnötiger Verwaltungsprozesse und die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Dies darf aber nicht auf Kosten der Beteiligung oder der fach- und sachgerechten Prüfung solcher Vorhaben gehen. Schnelligkeit darf nicht zum Selbstzweck werden, am Ende muss es um Klimaschutz und um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen gehen.

Vielen Dank.

Silke Backsen

stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Sprecherin für Umwelt- und Naturschutz, Meeresschutz, Tourismus