Rückführungen sind kein Gradmesser für gute Migrationspolitik

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 29 – Zentralisierung Rückkehrmanagement

Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleg*innen,

die FDP kennt in der Migrationspolitik nur noch ein einziges Thema: Rückführungen, Rückführungen und nochmal Rückführungen. Das ist ihr gesamtes migrationspolitisches Programm. Das Spektrum reicht vom Rückführungsmanagement des Landes bis hin zu den bilateralen Rückführungsprogrammen, die ihr Kollege Herr Joachim Stamp auf Bundesebene gerade verhandelt.

Sehr geehrte FDP,

Rückführungen sind doch kein Gradmesser für gute Migrationspolitik. Das kann doch nicht ihr Schwerpunkt sein. Ich würde erwarten, dass Sie zumindest im Ansatz die ökonomische Relevanz von Einwanderung erkennen würden. Sie sind doch auch in Gespräche mit Unternehmen und Verbänden.

Von Northvolt bis DEHOGA zeigen doch alle eine große Offenheit für internationales Personal und natürlich auch geflüchtete Arbeitnehmer*innen. Immer wieder müssen gastronomische Betriebe schließen, weil ihre Köche ausreisen müssen, Handwerker*innen finden kaum Nachwuchs. Große Ansiedlungen führen zu der Sorge kleinerer Betriebe, Personal zu verlieren. Und abgeschobene Auszubildene können wegen zu langer Wiedereinreisesperren nicht wieder einreisen. Diese Sorgen müssen wir doch ernst nehmen!

Sehr geehrte FDP,

wir haben einen Fachkräftebedarf wie er größer kaum sein könnte. Dennoch sind Rückführungen hier lebender Menschen eines ihrer erklärten Hauptziele. Das sehen wir auch an dem vorliegenden Antrag. Wie vereinbaren Sie das miteinander?

Wir leisten es uns immer noch als Staat, Menschen aus Ausbildung und Arbeit heraus abzuschieben, anstatt den Ermessensspielraum für Rückführungen in diesen Fällen endlich gen Null zu setzen. Und die FDP schreibt dies fort, mit dem Credo: Hauptsache mehr Aufenthaltsbeendigungen! Und sie suggerieren, dass Kommunen nicht ausreichend rückführen.

Ich halte das für falsch. Und finde es richtig, wenn das Land hier nochmal klarstellende Erlasse und Anwendungshinweise an die Zuwanderungsbehörden gibt, denn auch asylunabhängige Bleiberechte müssen konsequent geprüft werden. Mal abgesehen davon, dass es menschlich kaum auszuhalten ist, ist ihre Schwerpunktsetzung überhaupt nicht zielführend für unser Land.

Ich glaube, dass der Standort Deutschland und seine Attraktivität Schaden nimmt, angesichts der aktuellen Stimmung gegen Zuwanderung. Und ich gehe davon aus, dass viele schlaue Köpfe im Ausland davon abgeschreckt werden, nach Deutschland zu kommen.

Aber bitte: sprechen wir stattdessen doch weiter über Rückführungen: 348 Menschen im Jahr 2022, 406 Menschen im Jahr 2023, bereits 81 Menschen in Januar und Februar 2024. Das sind nicht bloß Statistiken. Das sind nicht bloß Zahlen, die ihrer Meinung nach zu gering sind. Es sind Menschen, um die es hierbei geht. Schutzsuchende. Frauen, Männer, Kinder. Familien mit persönlichen Schicksalen und sehr oft sozialen Bindungen in Deutschland.

Heute fordern Sie, dass künftig alle Rückführungen von einer auf Landesebene angesiedelten „zentralen Organisation für das Rückführungsmanagement in Schleswig-Holstein“ übernommen werden sollen und nicht mehr von den Kreisen und kreisfreien Städten.

Mal abgesehen davon, dass das richtig viel Geld und Personal kosten würde, und mal abgesehen davon, dass der Großteil der Rückführungen ja eh schon von Landespolizei und Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge in Amtshilfe für die Zuwanderungsbehörden durchgeführt wird: Wieso haben Sie nur dieses eine Ziel, nämlich Menschen, die hier Schutz suchen so schnell wie möglich wieder zurückzuschicken? Warum sprechen wir heute über Rückführungsdefizite der Kommunen, anstatt darüber zu reden, wie wir gemeinsam Lösungen finden können, um den Antragsstau in vielen Zuwanderungsbehörden zu lösen? Das ist doch, was die Behörden wirklich stark belastet.

Wir haben uns im letzten Sommer dafür stark gemacht, aus den 34 Millionen Euro MPK-Geldern sinnvolle Unterstützungsinstrumente zu finanzieren. Wie zum Beispiel eine „Förderrichtlinie zur Unterstützung der Zuwanderungsbehörden“. Diese wird nun auf den Weg gebracht. Das ist die richtige Richtung!

Ich glaube, es ist deutlich geworden, wo wir ansetzen müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Catharina Nies

Sprecherin für Migration, Flucht, Frauen, Gleichstellung, Familie, Kinder, Kita