Schüler*innen nicht allein lassen: Schulsozialarbeit weiterentwickeln

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 12 – Verstärkte Förderung der Schulsozialarbeit

Dazu sagt die Abgeordnete der Landtagsfraktion von Bündnis 90/die Grünen, Uta Röpcke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben in der vergangenen Plenarsitzung über Bildungsgerechtigkeit gesprochen und es wurde deutlich: Bildung hängt immer noch viel zu häufig von der finanziellen und ideellen Unterstützung im Elternhaus ab.

Aber gerade diese ideelle Unterstützung – das Helfen bei den Hausaufgaben, das gemeinsame Gespräch beim Abendessen, das Erlernen sozialer Kompetenzen – ist ganz entscheidend für das Klassen- und Schulklima und damit für den Bildungserfolg aller. Denn oft sind nicht nur einzelne Schüler*innen betroffen, sondern das Fehlen von Unterstützung tritt gehäuft auf.

Orte, an denen aus verschiedenen Gründen ein großer Teil der Schüler*innen betroffen ist, sind in Schleswig-Holstein die Schulen im PerspektivSchul-Programm, über das wir ebenfalls in der vergangenen Plenarsitzung ausführlich beraten haben.

Fehlende sprachliche Vorbilder, fehlende Anregungen zur kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe, geringe Unterstützung aus dem Elternhaus, fehlerhafte Ernährung, Bewegungsmangel und Medienkonsum stehen einer positiven Lernatmosphäre im Weg und werden in dem im letzten Jahr veröffentlichten „Perspektiv-Papier“ als Herausforderungen benannt.

Die Folge sind frustrierte Schüler*innen, Lehrkräfte und Eltern. Dass es dadurch nicht einfacher wird, motiviertes Personal zu finden, liegt auf der Hand. Aus diesen Erfahrungen können und müssen wir lernen.

Ebenfalls dargestellt in diesem Papier ist aber auch: Entscheidend erleichtert und bereichert wird die Arbeit an Schule durch multiprofessionelle Teams, in denen Schulsozialarbeit, Schulpsycholog*innen, DaZ-Sprach-Fachkräfte, Sprach- und Kulturmittler*innen sowie Schulassistenzen Hand in Hand und in gutem Austausch mit der Jugendhilfe arbeiten. Erst so wird Schule wirklich inklusiv.

Daher haben wir auch in den vergangenen Jahren schon, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern, die Schulsozialarbeit verstärkt gefördert, auch finanziell, die Summen können Sie dem Antragstext entnehmen. Wir haben mit den Schulträgern eine Rahmenvereinbarung geschlossen und mit ihrer Weiterentwicklung begonnen.

Ein Beispiel dafür ist die im vergangenen Jahr aus dem Projekt „PRO-Jung“ hervorgegangene Handreichung, die Lehrkräfte für psychische Belastungen von Schüler*innen sensibilisiert und sie so unterstützt. Strukturen und Routinen schaffen, Selbstwirksamkeit fördern, mit Eltern kooperieren, für all diese Instrumente bietet die Handreichung praktische Anleitungen.

Unterstützung erhoffen wir uns nun auch noch aus dem geplanten Startchancen-Programm des Bundes. Eine der drei Säulen des Programms sieht vor, Schulen in schwierigem Umfeld mit mehr Mitteln für Schulsozialarbeit auszustatten. Damit diese schon frühzeitig im Bildungsverlauf wirken kann, sollten aus unserer Sicht zunächst vor allem die Grundschulen Unterstützung erhalten. Und damit das Geld da ankommt, wo es am dringendsten benötigt wird, wünschen wir uns, dass die Mittel nicht nach Königsteiner Schlüssel vergeben werden, sondern nach sozialen Kriterien.

Doch wofür müssen wir das Geld letztlich einsetzen? Auch hierzu liefert das mit den PerspektivSchulen erarbeitete Papier Ansätze und Ideen: Sie wünschen sich für ihre Lehrkräfte mehr Kenntnisse in pädagogischer Gesprächsführung, über das Schulgesetz, zu rechtlichen Grundlagen des Kinderschutzes und des Sozialgesetzbuches – Schulsozialarbeiter*innen können das vermitteln.

Sie wünschen sich außerdem mehr pädagogisch qualifizierte Angebote, die den Schulalltag neben dem Unterricht um wichtige Aspekte bereichern – Schulsozialarbeiter*innen können das gestalten. Sie wünschen sich effektive soziale Kompetenztrainings für alle Klassen – Schulsozialarbeiter*innen können das leisten.

Schulsozialarbeit kann also soziale Ungleichheit und daraus entstehende Chancenungleichheit verringern. Es wäre aber viel zu kurz gegriffen, sie als reine Symptombekämpfung zu begreifen. Vielmehr bietet sie Chancen für eine umfassende Verbesserung des Schulklimas und der Lernumgebung, wenn sie gut in den Schulalltag integriert ist.

Dazu gehört auch die Selbstverständlichkeit an Schulen in multiprofessionellen Teams zu arbeiten – und das nicht nur an den Perspektivschulen: An der Eilun Feer Skul durfte ich das erfahren, als bei dem Aufnahmegespräch für meinen Sohn die Schulsozialarbeiterin ganz selbstverständlich neben dem Schulleiter dabei war.

Ein Gespräch mit der Schulsozialarbeiterin oder dem Schulsozialarbeiter darf nicht als Hilferuf empfunden werden, als „mit mir stimmt etwas nicht“. Sie muss für Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte ein natürlicher Bestandteil einer guten Lernumgebung sein.

Denn letztlich kann den oft multiplen Herausforderungen vor denen Schüler*innen und Familien heute stehen nur mit multiprofessionellen Teams begegnet werden, die auf Augenhöhe mit den Lehrkräften zusammenarbeiten und so eine inklusive und chancengerechte Schule mitgestalten.

Vielen Dank!

Uta Röpcke

Parlamentarische Geschäftsführerin

Sprecherin für Erwachsenen- und Weiterbildung, Kultur, Denkmalschutz